Das will Sabine Anemüller für Viersen

Anemüller geht am 13. September für die SPD ins Rennen um das Bürgermeisteramt. Das sind ihre Ansichten zu den wichtigsten Themen.

Viersen. Zugegeben, sie ist keine Frau der lauten Töne. Eher wendet sie sich mit leicht geneigtem Kopf ihrem Gesprächspartner zu und hört konzentriert zu. Erst einmal. Deshalb könnten einige die SPD-Bürgermeisterkandidatin leicht unterschätzen. Doch wenn sie redet, weiß sie, wovon sie spricht, kennt die Zusammenhänge. Gerade in Verwaltungsfragen wird Sabine Anemüller so schnell keiner ein X für ein U verkaufen. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet sie in leitenden Funktionen in der Stadtverwaltung von Duisburg, einer Stadt, die nicht gerade für ihre wirtschaftliche Prosperität und ihre unproblematische Sozialstruktur bekannt ist. Jetzt sprach die 51-Jährige über Bürgernähe, Sozial- und Schulpolitik, Stadtentwicklung, Kliniklandschaft und Einsparpotenziale.

„Ich habe den Eindruck, dass sich viele Menschen enttäuscht von der Verwaltung abgewendet haben“, sagt Anemüller. Bürgernähe sei ihr ein großes Anliegen. „Dazu gehört für mich eine verständliche Behördensprache, aber auch der persönliche Kontakt zu den Bürgern.“ Eine Bürgersprechstunde kann sich die Sozialdemokratin gut vorstellen. Die Erfahrung habe aber gelehrt, dass dies nicht immer gut angenommen werde. Eine Überlegung sei, eine Bürgerservice-Stelle zu schaffen, die die Anliegen der Bürger berücksichtige, Anregungen sammle und ihre Initiativen stärke. „Es gibt in Viersen viel bürgerschaftliches Engagement. Das muss man stärker unterstützen“, so die Sozialdemokratin.

Auch wenn die Stadt sich mit einem Haushaltsdefizit von 13,5 Millionen Euro herumschlägt: Anemüller sagte zunächst, in welchen Bereichen sie als Bürgermeisterin den Rotstift nicht ansetzen würde — und zwar im Sozialen, im Sport und in der Kultur. „Ich halte es auch nicht für richtig, Stadtteil-Bibliotheken zu schließen. Ich finde, das hat etwas mit Haltung zu tun. Irgendwann hat man sonst überhaupt keine Innenstadt mehr. Auch die Beiträge und Gebühren seien in Viersen bereits auf einem hohen Niveau. In der Verwaltung müsse man schauen, wo man effektiver arbeiten könne, wo Modernisierungen und Synergien möglich seien. Eine Veränderung der Dezernatsstruktur sieht die Bürgermeisterkandidatin allerdings nicht.

Die Zusammenarbeit der Kommunen in diversen Projekten biete Einsparpotenziale, so Anemüller. Synergie-Effekte zwischen Stadt- und Kreisverwaltung müsse man prüfen. Konkret hake es derzeit zwischen Stadt und Kreis auf der Bildungsebene. „Da gibt es keine gute Zusammenarbeit. Es werden nicht genügend Daten ausgetauscht“, kritisierte die SPD-Frau.

Handlungsbedarf sieht die 51-Jährige im Kinder- und Jugendbereich: „Wir brauchen ein Mittagessen für alle Schulkinder“, sagte die SPD-Kandidatin. „Es gibt viele Familien, die das nicht bezahlen könnten. Ich habe erste Gespräche mit dem Kinderschutzbund geführt. Auch eine Kooperation mit dem AKH ist denkbar.“

Die Ganztagsbetreuung möchte Anemüller ausbauen, und mehr Personal für Inklusion bereit stellen. Zu überlegen sei außerdem, ob man für Flüchtlingskinder eine kommunale Sprachförderung einrichte. Bislang sei es so, dass die Flüchtlingskinder direkt und ausschließlich in die Klassen kämen. „Man integriert sich durch Sprache“, argumentierte die Bürgermeisterkandidatin. Personell lasse sich das umsetzen, wenn man nicht nur auf voll ausgebildete Lehrer zurückgreife, sondern auch auf andere Professionen wie Schulsozialarbeiter. Als Leiterin der Stabsstelle im Amt für Schulische Bildung in Duisburg, hat sie auch die Fachkenntnis für konkrete Manöverkritik an der Viersener Schulverwaltung: „Der Schulentwicklungsplan muss stärker inhaltlich verfasst werden“, kritisierte die Ökonomin. Zur Schullandschaft insgesamt sagte sie: „„Wenn wir die Primusschule haben, dann sollten wir nicht auch noch in die Sekundarschule einsteigen.“ In Viersen werde man erst mittelfristig über Schulschließungen nachdenken müssen.

Es gibt auch Felder, in denen würde Anemüller gern die Arbeit des jetzigen Bürgermeisters fortführen. „In der Stadtentwicklung hat Thönnessen viel Gutes geleistet — den Bahnhofsvorplatz zum Beispiel“, sagt die SPD-Kandidatin. Der innerstädtische Bereich sei gut aufgestellt, es fehlten leider nur Angebote für die Jugend. „Warum sollte es nicht möglich sein, beispielsweise H&M nach Viersen zu holen?“, fragte Anemüller. Viele Jugendliche würden von einem Kino in Viersen träumen. „Das wird sich nicht realisieren lassen. Aber ein Sommer-Open-Air-Kino ist denkbar, wenn man einen Sponsor findet.“ Zu den Planungen für Dülken sagte die Sozialdemokratin: „Es wird keine Einkaufsstadt werden, aber es hat einen attraktiven Kern. Ich wünsche mir, dass wir dort ein Café hinkriegen und einige Läden für spezifische Bedarfe, so dass man durch Dülken wie durch Brüggen schlendern kann“, sagt die Wahl-Viersenerin. Das Dülken-Büro werde noch einige Zeit benötigt, und auch für Süchteln wäre ein solches Büro „nicht schadhaft“.

Zu den beiden Viersener Krankenhäusern sagte Anemüller, die seit kurzem im Verwaltungsrat des AKH sitzt: Man benötige beide Krankenhäuser. St. Irmgardis hat durch den Erbbaurechtsvertrag einen guten Status, aber auch das Allgemeine Krankenhaus Viersen (AKH) sei gut aufgestellt. Sein Standort werde durch die Kinderklinik und die Notarztpraxis gestärkt. „Ich habe keine Zukunftsängste für das AKH. Wir können den Mitarbeitern keine Versprechungen machen, aber wir sorgen für die Zukunft und werden alles dafür tun, dass es städtisch bleibt.“

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