Zittern, Kraftakte, dann endlich die Erlösung

Eine dramatische Rückrunde prägte den Verlauf der 46. Bundesligasaison – nach einem Wechselbad der Gefühle war es endlich geschafft.

Mönchengladbach. Egal wie, Hauptsache drin, werden sich die Anhänger von Borussia Mönchengladbach gedacht haben, als das "kleine Wunder" auf der Zielgeraden der 46. Bundesligasaison doch noch vollbracht und der Klassenerhalt unter Dach und Fach war. Sieben Punkte aus den vier letzten Begegnungen im Mai reichten, um mit 31 Punkten drei Teams hinter sich zu lassen und den dritten Abstieg nach 1999 und 2007 zu verhindern. "Ob wir uns von einem Abstieg überhaupt noch einmal erholt hätten? Ich weiß es nicht", sagt Sportdirektor Max Eberl im Nachhinein.

Es war ein Kraftakt ohnegleichen, eine Anstrengung, die an die Nieren ging und Nerven kostete, ehe es Cheftrainer Hans Meyer und seine Schützlinge doch noch geschafft hatten. Nach dem achten Spieltag hatte Meyer das Amt von Jos Luhukay und Christian Ziege (Trainer für ein Spiel - 2:2 in Bochum) übernommen. Schon damals war die Lage äußerst prekär. Lediglich vier Punkte hatte die Borussia auf der Habenseite.

Bis zum 17. Spieltag, dem Ende der Hinrunde, kamen nur noch sieben Zähler hinzu. Sechsmal belegte die Borussia in dieser Phase den letzten Rang, hatte bereits drei Torhüter (Christofer Heimeroth, Frederic Löhe, Uwe Gospodarek) eingesetzt, bot ein Bild der Unsicherheit und ging nach der letzten Partie im alten Jahr (1:2 in Dortmund) ohne große Hoffnung in die Winterpause. Doch BVB-Trainer Jürgen Klopp machte seinen Kollegen Hans Meyer bei der letzten Pressekonferenz im alten Jahr Mut: "Hans, du schaffst das noch mit deiner Mannschaft. Warte ab, wenn wir zum Rückspiel kommen." Bei elf Punkten? Ein schier aussichtsloses Unterfangen, aber Klopp sollte Recht behalten. Gladbach schaffte es, genauso wie der VfL Bochum, der als Vorletzter ebenfalls bei elf Zählern hängen geblieben war.

"Die Winterpause war damals unsere Hoffnung, unser Rettungsanker, sie machte uns zuversichtlich. Vor allem dadurch, dass wir die Chance hatten, den Kader an den entscheidenden Punkten zu verstärken", ergänzt Eberl - und ging mit Meyer auf Einkaufstour.

Aber anders als in den vergangenen Jahren. Gezielt, mit Augenmaß, wohl bewusst, dass jede Verpflichtung ein Treffer sein muss. Für knapp fünf Millionen Euro verpflichtete das Duo den neuen Torhüter Logan Bailly, für den Defensivbereich holten die beiden Dante sowie Paul Stalteri - und Tomasz Galasek als ruhenden Pol vor der Abwehr.

Doch zunächst blieb der Erfolg noch aus, eine latente Unruhe kam auf. Nur zaghaft ging es vorwärts. Punktgewinne gegen Hoffenheim und das Remis an der Weser mit einem überragenden Bailly offenbarten erste zarte Ansätze der Besserung. Dann folgte der erste Rückrunden-Sieg gegen Hannover (3:2), ehe nach dem unglücklichen 1:2 in Berlin der viel beachtete Doppelpack gegen Hamburg und in Köln (4:1 und 4:2) die Liga wachrüttelte. Hallo, wir sind noch da!

Marko Marin zauberte (rasante Dribblings, 13 Torvorlagen) und traf viermal, in seinem Windschatten steigerte sich Alexander Baumjohann, und im Angriff war Rob Friend am effizientesten (sieben Tore, ein Assist). Wuschelkopf Dante wuchs nach Startschwierigkeiten an der Seite von Roel Brouwers zudem zu einer Persönlichkeit heran.

Aber war das wirklich alles genug, um sich aus der Umklammerung des Abstiegsgespensts noch befreien zu können? Denn das Zittern ging von vorne los, als am 25. Spieltag der VfL Bochum die Punkte aus dem Borussia-Park mitnahm (1:0-Sieg). Das Ergebnis ließ die Gladbacher Fans fast verzweifeln. Nur der alte Trainerfuchs Hans Meyer ließ den Kopf nicht hängen, munterte die Mannschaft immer wieder auf: "Wir müssen Geduld haben. Wahrscheinlich fällt die Entscheidung ohnehin erst am letzten Spieltag."

Selbst eine weitere Heimpleite gegen den späteren Deutschen Meister VfL Wolfsburg (1:2) warf die Borussen nicht aus der Bahn. "Aber die Lage war zeitweise unerträglich", erinnert sich Roel Brouwers, der längst zu einem stabilen Verteidiger mit Torhunger avanciert ist, "diese letzten Spiele, die dramatischen Schlussphasen, die alles rausgerissen haben."

Die Golden-Goals haben es fürwahr gebracht. Erst das 1:0 gegen Schalke 04 durch Roberto Colautti (90.), vier Tage später der Last-Minute-Erfolg in Cottbus mit dem Kopfballtreffer von Dante in der Nachspielzeit - die Weichen waren gestellt, und als die Borussen am 34. Spieltag ihre Namenscousine empfingen, war auch die Prophezeiung des Dortmunder Trainers Jürgen Klopp in Erfüllung gegangen. Borussia Mönchengladbach hatte den Ligaerhalt perfekt gemacht. Nur Klopp war am Ende ein "Verlierer". Denn durch das 1:1 in Gladbach verpassten die Dortmunder den Sprung in den Uefa Cup.

"Eine solche Zittersaison will ich nie wieder erleben", sagte Sportdirektor Max Eberl nur noch. Happy-End im Borussia-Park. Aufatmen allerorten.

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