Borussia Mönchengladbach Krisenstimmung im Borussia-Park

Hinter der Haupttribüne wird gebuddelt, und auch Gladbachs Trainer Andre Schubert hat seine Baustellen.

Kein guter Abend für Trainer Schubert und seine Gladbacher Spieler.

Kein guter Abend für Trainer Schubert und seine Gladbacher Spieler.

Foto: Roland Weihrauch

Berlin/Mönchengladbach. Baustelle Borussia-Park: Die Bagger sind angerollt. Seit ein paar Tagen wird hinter der Haupttribüne gebuddelt, im Schatten des Westtrakts entsteht in weniger als zwei Jahren eine neue, moderne Borussia-Welt mit Hotel, Gesundheitszentrum, Museum und Fan-Shop, ein imposanter Komplex aus Stahl, Glas und Beton. In einer Pressekonferenz gibt der Bundesligist morgen weitere Details bekannt. Im Augenblick hat es Gladbachs Cheftrainer Andre Schubert ohne Frage selbst mit Baustellen in der Mannschaft zu tun.

Denn spätestens nach der 0:3-Packung bei Hertha BSC Berlin am Freitagabend im Olympiastadion steckt Borussia Mönchengladbach zumindest in der Bundesliga in einer Krise, eine Situation, die auch in Spielerkreisen nicht beschönigt wird. „Ja, die Krise ist da“, sagte Abwehrspieler Tony Jantschke nach der Rückkehr aus der Hauptstadt unverhohlen im Gespräch mit dieser Zeitung, „wir schießen keine Tore mehr, gewinnen keine Spiele. Das ist nicht Borussia Mönchengladbach, und die Stimmung ist dem Tabellenstand entsprechend.“

Statt der erhofften Wende setzte das Schubert-Team in Berlin seine miserable Auswärtsserie nahtlos fort und hat als Liga-Elfter nun erst einmal den Kontakt zu den oberen Rängen verloren. „Wir müssen die Pause nutzen, um uns zu sammeln, eine Serie zu starten und uns wieder ran zu robben“, sagt Schubert. Der Trainer spricht von einer „blöden Phase“ momentan mit vielen Verletzten und einer schier unglaublichen Torflaute. „Wir haben versucht“, so Schubert, „zu vieles spielerisch zu lösen und waren zu ungestüm.“ Gladbach wartet seit nunmehr 464 Minuten auf ein Tor und einen Sieg im Fußball-Oberhaus.

Der Gast aus Mönchengladbach spielte in Berlin zunächst frei von der Leber weg, und der starke Patrick Herrmann leitete die ersten vielversprechenden Angriffe ein. Doch dann profitierte plötzlich die Hertha von haarsträubenden Fehlern der hektischen Borussia, die nun unheilvolle Minuten durchlebte. Nach dem Führungstor von Kalou verletzte sich Herrmann im Zweikampf mit Ibisevic so schwer, dass er verletzt ausscheiden musste. Der befürchtete Knöchelbruch bestätigte sich nicht; der Flügelflitzer erlitt einen doppelten Bänderriss im rechten Sprunggelenk sowie Riss des Innenbands und Syndesmosebands. Die Hinrunde dürfte für Herrmann gelaufen sein. Als Kalou im Zuge der Unruhe im Gladbach-Team rund um Herrmanns Aus- und Johnsons Einwechslung das 2:0 besorgte und im zweiten Abschnitt noch den dritten Treffer folgen ließ, war alles für die Hertha und alles gegen die Fohlen Elf gelaufen. Zumal Weltmeister Christoph Kramer kurz vor der Pause nach wiederholtem Foul gelb-rot gesehen hatte.

So wurde es auf der Gefühlsskala schließlich der Abend des ivorischen Stürmerstars Kalou, der nach Wochen der Trauer (Tod seines Vaters und seiner Tante) ein Comeback von großer emotionaler Tiefe feierte. Kalou machte den Unterschied. Die Gladbacher verkauften sich nach der Pause zu zehnt tapfer, brachen nicht total ein. Aber die Fehler in der ersten Hälfte waren nicht mehr gut zu machen, und ihr ungezügeltes Verhalten in zahlreichen Szenen wurde gnadenlos bestraft.

Borussia Mönchengladbach gehört nun erst einmal zum groben Mittelmaß in der Bundesliga. Tatsache ist, dass die Mannschaft von Andre Schubert zweifelsohne die extrem hohe Belastung in drei Wettbewerben auf Grund etlicher Verletzter nicht hat verkraften können. Vielleicht wird der viel zitierte breite Kader aber auch ein wenig überschätzt, wiegt der Verlust einer Persönlichkeit wie Martin Stranzl, eines Anführers wie Granit Xhaka oder eines wuchtigen Kämpfers wie Harvard Nordtveit schwerer als erwartet. „Wir haben durchaus einen guten Kader“, behauptet Jantschke. Okay, aber auch andere Teams arbeiten solide, haben sich intelligent verstärkt und sorgen in der Spitzengruppe plötzlich für Furore. So gesehen muss die Elf vom Niederrhein den Status quo wohl oder übel erst einmal so akzeptieren, anderen den Vortritt lassen und versuchen, über eine solide Grundordnung, über Einstellung, Leidenschaft und eine bessere Koordinierung der Kräfte wieder zu mehr Festigkeit und Sicherheit im Spiel zu gelangen. „Solche Phasen gibt es immer wieder“, sinniert Jantschke, „aber jetzt ist genug, jetzt ist die Zeit reif für die Wende. Wir sollten dringendst gegen Köln damit beginnen und das Heimspiel in zwei Wochen gewinnen. Sonst wird es ungemütlich.“ Die Baustellen aber bleiben: Christoph Kramer ist gegen den rheinischen Rivalen gesperrt, und mit Flügelflitzer Herrmann fällt ein weiterer wichtiger Spieler aus.

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