Jörg Criens: Vom Joker zum Stammspieler

Vor 25 Jahren erlebte Jörg Criens im Pokal gegen Werder Bremen eine Sternstunde.

Mönchengladbach. Spiele der Borussia, die in diesen Tagen schwere Zeiten durchmacht, sieht Jörg Criens nur noch selten. Seitdem der frühere Profi von Borussia Mönchengladbach als Jugend-Koordinator bei Tura Brüggen das Zepter schwingt, die dortige E-1-Jugend betreut und in der idyllischen Burgstadt für rund 20 Jugendmannschaften verantwortlich ist, hat er nur selten Gelegenheit, im Borussia-Park die Fußball-Bundesliga zu verfolgen und mit Spielern von früher Erinnerungen auszutauschen.


Denn immer, wenn die Kinder und Jugendlichen von Tura samstags am Vennberg oder anderswo im Einsatz sind, darf natürlich auch der Coach nicht fehlen. "Wir sind froh, dass wir Criens haben", sagt Turas Fußball-Abteilungsleiter Bernd Roesges, "Jörg erfüllt seine Aufgabe mit großer Begeisterung, kann motivieren und hat ein sicheres Auge für förderungswürdige Spieler."

Criens trifft mit Jungblut Born auf Spitzenreiter SV Grefrath

Da Fußballlehrer Criens, der 2007 einen Achillessehnenabriss erlitt (seine 7. Operation), zudem die erste Mannschaft von Jungblut Born betreut (Tabellensechster der Kreisliga B, Gruppe 1), ist das Wochenende während der Meisterschaftsrunde zwischen August und Mai ziemlich ausgebucht. Auch am Sonntag, wenn Arminia Bielefeld in Gladbach spielt, ist Criens im Einsatz. Denn nachmittags trifft Jungblut Born daheim auf den SV Grefrath, der bei einem Sieg sein Meisterstück macht und aufsteigt.
Rückblende: Vor 25 Jahren (am 1. Mai 1984) beherrschte Jörg Criens von einer Minute zur anderen bundesweit die Titelseiten im Sport.

"Dieses Spiel war der Wahnsinn", sagt Criens ein Vierteljahrhundert später im Gespräch mit unserer Zeitung. In der Tat: Der kopfballstarke und finessenreiche Linksfuß erlebte früh eine Sternstunde in seiner Fußballkarriere. In seiner ersten Bundesligasaison als Lizenzspieler. Mit 23. Es war auch so etwas wie die Geburtsstunde des "Jokers", die bei der ersten TV-Live-Übertragung eines DFB-Pokal-Halbfinales ein Millionenpublikum mitbekam: Reinkommen, treffen, gewinnen, jubeln, ein bisschen Star sein. "Und plötzlich bekannt und beliebt sein", fügt Criens hinzu.


Denn der schnelle Vollblutstürmer erzielte im Spiel gegen Werder Bremen acht Minuten nach seiner Einwechslung beim Stande von 3:4 zunächst den Ausgleich (90.), um in der Verlängerung die Begeisterung auf dem mit 34 500 Zuschauern ausverkauften Bökelberg überschwappen zu lassen. In der 107. Minute ließ er mit seiner gefürchteten linken Klebe Werder-Torwart Dieter Burdenski keine Chance: "Die Ballannahme war erst recht vom Feinsten." Borussia hatte das DFB-Pokal-Finale in Frankfurt erreicht - dank Jörg Criens.


Das unvergessliche Spiel gegen Bremen ging auch wegen der Tränengas-Dose, die ein Bremer Fan nach der Pause aus dem Südwall aufs Spielfeld gefeuert hatte, in die Annalen ein. Der Bökelberg war vorübergehend in Nebel gehüllt. Übeltäter war ein Bremer Fan. Der Werder-Protest blieb deshalb erfolglos.

Jörg Criens stand zwischen 1982 und 1993 beim VfL Borussia unter Vertrag. Danach wechselte er zum 1. FC Nürnberg, Insgesamt absolvierte der langjährige Mannschaftskapitän des VfL 303 Spiele in der Bundesliga und erzielte 94 Tore, 92 davon für Borussia. Nur Jupp Heynckes und Herbert Laumen trafen in der Fußball-Bundesliga für Mönchengladbach häufiger.Nach dem dramatischen Halbfinale gegen Bremen fehlte der Borussia im Finale gegen den FC Bayern das Glück, das ihr gegen Bremen noch beschieden war. Lothar Matthäus und Norbert Ringels scheiterten im Elfmeterschießen. Criens’ größte Enttäuschung?

"Nein", sagt der leicht ergraute Endvierziger, "enttäuscht war ich, dass ich 1988 nicht für die Olympischen Spiele in Seoul nominiert wurde."Die Verbindung zur Borussia 2009 ist momentan nur lose. Aber wer Jörg Criens kennt, weiß, dass Brüggen oder Born nur eine Zwischenstation in seinem Leben ist. Wie viele Fans ist auch der "Lange" derzeit in größter Sorge um "seine Borussia". Mit fifty-fifty bezeichnet er die Gladbacher Chancen auf den Klassenerhalt: "Ein erneuter Abstieg wäre bitter und nur schwer zu verkraften."

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