Analyse Hecking: "Gegen diszipliniert verteidigende Kölner haben wir uns schwergetan"

Kölner Chaoten ließen zeitweise das Derby in den Hintergrund treten, wieder einmal ist der Videobeweis Thema und Dieter Hecking hat sich den Rückrundenstart wohl anders vorgestellt. Die Analyse zum Spiel gegen den 1. FC Köln.

 Kölns Simon Zoller (r) und Gladbachs Denis Zakaria im Kampf um den Ball.

Kölns Simon Zoller (r) und Gladbachs Denis Zakaria im Kampf um den Ball.

Foto: Marius Becker

Köln. Borussia Mönchengladbach hat in der Fußball-Bundesliga eine bittere Derby-Pleite hinnehmen müssen. Beim Tabellenletzten 1. FC Köln unterlag die Fohlen-Elf nach einer insgesamt schwachen Leistung zum Rückrundenauftakt mit 1:2. Den entscheidenden Treffer markierte Kölns Winter-Einkauf Simon Terodde in der sechsten Minute der Nachspielzeit. Zuvor hatte Sörensen den FC in Führung gebracht, ehe Raffael für Gladbach traf. Am Ende jubelten jedoch die Anhänger der Geißböcke. Dank des Streiches von Terodde.

Wieder einmal sorgen vor allem Kölner Chaoten dafür, dass neben den sportlichen Ereignissen auch Zwischenfälle am Rande des Derbys in den Vordergrund treten. So haben sich offenbar mindestens drei Kölner „Ultras“ als Ordner/Sicherheitskräfte „verkleidet“ während der Halbzeitpause des Derbys Zugang in den Innenbereich der Kölner Arena verschafft. Was schließlich dazu führte, dass den Kölnern erneut ein Fahnenklau gelingen konnte. Ein Stofftuch aus der Gladbacher Ultra-Szene, die der verbotenen Gruppierung „Scenario Fanatico“ zugeordnet wird, konnte vom Zaun des Gästebereiches hinweg gestohlen werden. Einer der dreisten Klauer rannte im Anschluss samt Beutestück ungehindert über das gesamte Spielfeld zurück in den Kölner Block — ohne auch nur von einem Ordner oder Sicherheitspersonal oder Kölner Polizei aufgehalten worden zu sein.

Rheinisches Derby: Gladbach verliert gegen Köln in der Nachspielzeit
27 Bilder

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Vielmehr noch: Mehrere FC-Ultras waren, ebenfalls ungehindert von Polizei und Sicherheitskräften, über die Absperrungen geklettert und hatten dem Fahnen-Dieb „Geleitschutz“ bis zurück in die Anonymität der Kölner Kurve gewehrt. Begleitet von wohlwollendem Gejaule und Gejohle hunderter Vermummter, die auf dem Absperrzaun saßen. Wie so etwas in einer Arena möglich gewesen ist, mit der sich der DFB für die EM 2024 in Deutschland bewirbt, dürfte sicherlich noch geklärt werden. Dass es im Anschluss nicht zu einem Gewaltexzess der verfeindeten Ultra-Gruppierungen kam, ist nach WZ-Informationen in erster Linie dem besonnenen Verhalten der aktiven Fan-Szene des VfL Borussia zu verdanken.

So sollen gleich dutzende „Vernünftige“ im Block dafür gesorgt haben, dass es nicht zu einem Platzsturm seitens von Teilen der Gladbacher Ultras oder gar zu einem Rache-Angriff auf den Kölner Block rund ums Stadion gekommen ist. Ein rückblickend hochbrisanter Vorfall, der gleich mehrere Fragen über Sicherheitsstandards und Polizeistrategien in deutschen Stadien aufwirft. Nicht auszudenken, wenn der getarnte „Ordner“ etwas in die Gladbacher Kurve geworfen oder sonst wo im Stadion gezündet hätte - statt „nur“ eine Mini-Fahne zu klauen.

Erstes Spiel für seinen neuen Verein 1. FC Köln — und gleich der Derby-Held. Simon Terodde, Schütze des 2:1-Siegtreffers für die Geißböcke, ballert sich gleich in die Herzen der FC-Fans. Der Tabellenletzte Köln erlebt durch ihn den perfekten Einstieg in die Rückrunde. Was FC-Trainer Ruthenbeck zu der Aussage verleitet: „Simon Terodde wird hier in Köln ein Volltreffer sein.“

Der ereignet sich, als Schiedsrichter Felix Zwayer den Fohlen einen klaren Strafstoß (Mere an Hofmann) beim Stand von 1:1 verweigert — obwohl der Videoassistent zum Einsatz kommt und Zwayer sich die Szene auch noch einmal am Bildschirm anschaut. Nahezu unerklärlich, wie Zwayer, der zuvor schon eine Tätlichkeit von Terodde gegen Ginter (Nachtreten) nicht geahndet hatte, in dieser Szene kein Foulspiel erkennen konnte. Gladbachs Trainer Dieter Hecking sagt zu der Szene auf Nachfrage: „Silvester habe ich einen Wunsch gehabt: Ich muss mich nicht mehr zum Videobeweis äußern — und ich werde es auch nicht mehr tun. Der Schiedsrichter hat es nicht als klaren Elfmeter bewertet, damit ist das Thema für mich erledigt.“ Borussias Nationalspieler Matthias Ginter wird deutlicher. „Ich tue mich schwer damit, Schiedsrichter zu kritisieren — aber gerade diese Elfmetersituation ist schon sehr ärgerlich gewesen. Wenn man es sich noch einmal anschaut — das ist doch ein klarer Elfmeter. Wir müssen aber damit leben.“

Dieter Hecking (Trainer Borussia Mönchengladbach): „Vom Ergebnis her ist es ein verkorkster Rückrundenstart. Wir waren eigentlich ganz gut im Spiel, haben hinten kaum etwas zugelassen. Wir hatten die Kontrolle über das Spiel, jedoch kaum zwingende Torraumszenen. Gegen eine diszipliniert verteidigende Kölner Mannschaft haben wir uns schwergetan. Beim ersten Gegentreffer haben wir zudem bei der Standardsituation geschlafen und sind in Rückstand geraten. Mit der Einwechslung von Raffael, der sich in den engen Räumen gut bewegt hat, wurden wir offensiv besser und sind verdient zum Ausgleich gekommen. Danach wurde es richtig wild, es ging hin und her. Beide Teams hatten Chancen, dennoch lief es auf ein 1:1 hinaus. Doch mit der letzten Aktion des Spiels wurden wir bestraft. Das ist bitter, denn mit einem Punkt hätte ich gut leben können. Mit diesem Ergebnis aber nicht.“

Stefan Ruthenbeck (Trainer 1. FC Köln): „Wir sind sehr glücklich, dass wir das erste von 17 Endspielen gewonnen haben. Es war sehr positiv, dass wir das Spiel so lange offen gestalten konnten. Mit den Einwechslungen in der zweiten Hälfte haben wir demonstriert, dass wir die Partie unbedingt gewinnen möchten. Es war am Ende sicher etwas glücklich, doch was die Mannschaft an Leidenschaft und Mentalität rausgehauen hat, war sensationell. Deshalb sind wir sehr zufrieden, dennoch haben wir nach wie vor nur neun Zähler — das ist immer noch viel zu wenig. Diese Mannschaft müsste, wenn man sieht, wie in diesem Spiel agiert hat, eigentlich viel mehr Punkte auf dem Konto haben.“

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