Gladbacher sehen Rot

Borussia gibt einen sicher geglaubten Sieg aus der Hand. Trainer Michael Frontzeck schließt Rücktritt erneut aus.

Mönchengladbach. Tobias Levels kauerte regungslos auf der Auswechselbank, sein leerer Blick suchte Halt, einen Fixpunkt in der Arena. Dort, wo sich gerade eine tiefe Depression breit machte. Minuten vorher hatte Levels mit einem schlampigen Pass Gladbach in Tränen gestürzt, in dessen Folge Timo Gebhart einen Elfmeter verwandelte. Drei Minuten vor Schluss: 2:3 gegen Stuttgart.

Gladbach überließ von 33 Heimpunkten 30 den Gästen, wartet seit 13 Spieltagen auf einen Heimsieg und hat in seiner Bundesliga-Geschichte noch nie nach einem 2:0-Pausenvorsprung verloren. Entsprechend setzte diese Pleite Trainer Michael Frontzeck zu: „Diese Niederlage ist ein Nackenschlag wie noch keiner in dieser Saison, ein richtiger Klotz.“

An Rücktritt denkt Frontzeck aber nicht: „Damit beschäftige ich mich nicht“, sagte er am Sonntag. Nach der Pleite im Abstiegsgipfel prophezeihte Gladbachs letzter Spieler von Weltformat, Stefan Effenberg, dem Klub eine düstere Zukunft: „Das nächste Spiel bei St. Pauli ist schon die letzte Chance, bevor hier die Lichter ausgehen. So wie die zweite Halbzeit abgelaufen ist, wird mir aber angst und bange.“

So fühlten auch die Borussen-Fans. Sie bedachten die Spieler mit Pfiffen, ließen Frust ab: „Wir haben die Schnauze voll.“ Und der geneigte Fußballfan fragte sich: Wie konnte Gladbach dieses Spiel noch verlieren?

Nach einem 2:0 durch Tore von Dante (29.) und Igor de Camargo (32.), nach 45 Minuten ansehnlichem Fußball, geprägten von unbedingtem Willen und großer Leidenschaft. Und nach einer Darbietung der Stuttgarter, denen niemand mehr zugetraut hatte, in dieses Spiel zurückfinden zu können.

Nach der Pause aber waren sie präsent, weil Trainer Bruno Labbadia den Winter-Einkauf Tamas Hajnal und Zdravko Kuzmanovic brachte und auf drei Spitzen umstellte. Stuttgart überzeugte mit Ballsicherheit und Offensivdrang. Gladbach hingegen hatte das Selbstvertrauen in der Kabine gelassen, fand kein Konzept gegen die spielerisch überzeugenen Gäste, die innerhalb von fünf Minuten das 0:2 ausglichen. Pogrebnjak zum 1:2 (51.), Harnik zum 2:2 (56.).

Dass dieses packende Duell doch noch einen Sieger fand, dafür sorgte auch Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer. Idrissous Abstaubertor zum 3:2 (77.) pfiff er ab. „Da habe ich ein Handspiel von Dante geahndet“, sagte Kinhöfer. Dante war der Ball an den Ellbogen gesprungen. Von da Idrissou vor die Füße.

Womöglich hat Kinhöfer die Kritik an seinem nicht gepfiffenen Elfmeter vor einer Woche nach Luiz Gustavos Handspiel derart zugesetzt, dass er sich zu dieser Fehlentscheidung hinreißen ließ. Beim Elfmeter grätschte Dante gegen Pogrebnjak (87.).

Kinhöfer verteidigte seine Entscheidung: „Der Elfmeter war eine Muss-Entscheidung. Dante trifft Ball und Mann, geht aber mit so hoher Intensität hinein, dass ich das als Foul der größeren Kategorie ahnden muss.“ Das bewertete Dante natürlich anders: „Der Schiedsrichter muss das Tor geben. Beim Elfmeter habe ich den Ball gespielt.“ Den Ball, den Levels, statt ihn wegzuschlagen, erst in die Gefahrenzone gespielt hatte.

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