Behinderte verärgert über E-Scooter-Verbot

Oft werden auch Benutzer von Elektro-Rollstühlen im Bus nicht mitgenommen.

Mönchengladbach. Gerhard Reichert ist es wieder und wieder passiert: Er sitzt in einem Elektrorollstuhl und muss dem Busfahrer erklären, dass seine Mobilitätshilfe kein E-Scooter ist. Die dürfen nämlich seit Anfang des Jahres in Mönchengladbach nicht mehr in öffentlichen Bussen transportiert werden. Gerhard Reichert sitzt aber in einem Rollstuhl, einem „Standardmodell“, wie er sagt. Und Rollstühle sind von dem Transportverbot eindeutig ausgeschlossen. „Letztens hat mich ein Busfahrer gefragt, ob mein Elektro-Rollstuhl einen Akku habe“, sagt Reichert. „Ich habe geantwortet: Natürlich. Daraufhin erklärte der Fahrer, dass er mich nicht mehr mitnehmen könne.“

Gerhard Reichert ist es leid, ständig erklären zu müssen, dass er einen normalen Rollstuhl und kein Elektromobil fährt. „Ich muss mich darauf verlassen können, dass mich der Busfahrer mitnimmt. Sonst kann ich mich zu Hause eingraben“, sagt Reichert. Er wundert sich, warum es bei den Busfahrern immer noch zu Missverständnissen kommt, obwohl das Problem längst öffentlich wurde. Nachdem sich Reichert bei der NEW beschwert hatte, wurde er gebeten, an der Rheinstraße vorbei zukommen, um seine Mobilitätshilfe einmal vorzuzeigen.

„Es war ein gutes Gespräch“, sagt Reichert. Die NEW wolle die Busfahrer noch einmal intensiv auf den Unterschied zwischen einem E-Scooter und einem elektrischen Rollstuhl hinweisen.

Peter Gabor reicht das nicht. Er verlangt, dass die NEW das E-Scooter-Verbot wieder abschafft. Gabor ist Regionalsprecher des Vereins „Leben mit Usher-Syndrom“. Das Usher-Syndrom ist eine erblich bedingte Kombination von langsam fortschreitender Netzhautdegeneration und bereits früh einsetzender Innenohrschwerhörigkeit. Auch wenn Gabor nicht im Rollstuhl sitzt, setzt er sich für die Belange von Behinderten ein. Und so schickte er auch gleich die Resolution des Landesbehindertenverbandes an die NEW, in der das E-Scooter-Verbot kritisiert wird. Die Verkehrsverbände sollten laut Landesbehindertenbeauftragten zumindest das von der NRW-Regierung in Auftrag gegebene Komplettgutachten abwarten. Das soll zeigen, ob die Mitnahme von E-Scootern tatsächlich so gefährlich ist, wie in einem Gutachten des Verbandes Deutscher Verkehrsbetriebe (VDV) dargestellt wird.

Für Peter Gabor bedeutet das Transportverbot von E-Scootern eine Diskriminierung. „Krankenkassen verschreiben oft E-Scooter, statt Elektrorollstühle. Das geschieht häufig auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn ein E-Scooter ist schon für 1500 Euro zu haben, während ein Elektrorollstuhl oft 7500 Euro kostet“, sagt Gabor. Und: „Es kann doch nicht sein, dass jemand nicht im Bus mitgenommen wird, weil seine Krankenkasse ihm einen E-Scooter, aber keinen Elektro-Rollstuhl bewilligte. Und so etwas in Zeiten von Inklusion.“ Innovative Unternehmen müssten doch eine Lösung für das sichere Transportieren von E-Scootern finden, sagt Gabor. Und: „Vielleicht sollte der VDV darüber nachdenken, eine Zweier-Reihe aus den Bussen herauszuholen, um ein sicheres Abstellen von Elektromobilen zu ermöglichen.“

Darüber würde sich auch Gerhard Reichert freuen. Denn die Plätze für Rollstuhlfahrer und Behinderte seien oft belegt. Schließlich würden auch viele Menschen mit Rollatoren mit dem Bus fahren. Außerdem darf in den NEW-Bussen nur jeweils ein Rollstuhlfahrer mitgenommen werden. Auch das ist eine Vorschrift.

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