Bärenruhe, Knochenbrüche und Schlitten-Geschäfte

Die beiden ersten richtigen Schneetage seit langem hinterlassen positive und negative Spuren.

Mönchengladbach. Winter in Gladbach - Tag zwei. Stand der Montag ganz im Zeichen des Schnees, regierte am Dienstag die Kälte.

Temperaturen von Minus zwölf Grad gab es zuletzt im Winter 1996/1997. Damals wurden in einer Januar-Nacht 1997 sogar minus 17,4 Grad gemessen. Das letzte Mal, dass der Schnee so hoch lag, ist schon 18 Jahre her: Im Februar 1991 waren es 10 Zentimeter. Mehr von der weißen Pracht gab es zuletzt 1985. Da lagen 24 Zentimeter.

Die Lage auf den Straßen entspannte sich am Dienstag trotzdem. "Bei uns läuft alles wieder nach Plan", sagt MöBus-Fahrdienstleiter Erich Wolters, dessen Busfahrer aber dennoch vorsichtig hinter dem Steuer agieren. Schließlich waren viele Straßen immer noch nicht von Schnee und Eis befreit. Auf der Kreuzung Adler-/Dünnerstraße (Neuwerk) nahmen zwei Polizisten den Winterdienst "ausnahmsweise" selbst in die Hand. Sie kratzten das Eis weg und streuten Salz. Zuvor war an der Stelle ein Fußgänger gestürzt.

"Wir haben unser Bestes getan", sagt Wilfried Theißen von der GEM. "Es ist eine außergewöhnliche Situation, wie sie vielleicht alle 15 Jahre vorkommt." Nun nehmen die Schneepflüge auch die Seiten- und Nebenstraßen ins Visier. Bei der Stadtverwaltung riefen hunderte Gladbacher an und beschwerten sich über die Eispanzer vor ihren Haustüren.

Im Tierpark Odenkirchen waren die Pfleger ebenfalls mit der Eis-Bekämpfung beschäftigt. "Wir versuchen die Wasserstellen der Tiere offen zu halten, damit sie trinken können", sagt Tierpark-Leiter Norbert Oellers. Die Kälte halten Ziegen, Schafe und Co. locker aus. "Die Affen sind im Winter ohnehin immer im Haus." Während die Seehunde ihr Becken plantschenderweise selbst eisfrei halten, musste das Wasser aus dem Grenzgraben bei den Braunbären abgelassen werden. "Damit die uns nicht besuchen kommen", sagt Oellers. Die Raubtiere hätten eine Ausbruchsmöglichkeit wahrscheinlich sowieso verpennt: Sie halten gerade Winterruhe, strecken höchstens mal die Nase ins Freie. "Ich würde bei der Kälte auch lieber in einer Höhle liegen", sagt Oellers.

Andreas Krappen von der Friedhofsverwaltung sagt: "Gräber auszuheben, ist mit dem Bagger momentan noch möglich. Wenn wir ein geschlossenes Grab öffnen müssen, brauchen wir im Notfall einen Presslufthammer." Es droht auch bei anhaltendem Frost kein Beerdigungs-Stau: "Mittwoch und Donnerstag sind gar keine Begräbnisse geplant."

Es ist noch niemand erfroren oder hat sich bei einem Sturz das Genick gebrochen. In den Ambulanzen der Krankenhäuser herrschte dennoch Hochbetrieb. Während Chefarzt Harald Löw im Rheydter Elisabeth-Krankenhaus nur von einem leichten Anstieg der Sturzverletzungen spricht, steht seinem Kollegen Joachim Rödig im Maria-Hilf-Krankenhaus die Arbeit bis zum Hals: "Es ist enorm. Viele alte Leute brechen sich bei Stürzen die Beine." Sieben Unterschenkel-Frakturen, vier kaputte Sprunggelenke und einen von einem Schlitten überfahrenen Daumen zählte er allein bis Dienstagmittag. "Also, ich kann nicht sagen, dass die Gladbacher besonders vorsichtig wären."

Vorsicht ist auch das Stichwort für die Kinder, die sich am Mittwoch auf den Weg in die Schule machen. Zwar gibt es keinen generellen Bescheid vom Ministerium, aber Ursula Schreurs-Dewies vom Schulamt der Stadt sagt: "Die Eltern entscheiden, ob sie es für ihre Kinder verantworten können, den Schulweg anzutreten. Ich gehe aber von planmäßigem Unterricht aus." Auch die Heizungen funktionieren an allen Schulen. Was nach dem Unterricht beim Nachwuchs läuft, wird klar, wenn man sich die Schlitten-Verkaufszahlen anschaut. "Wir hatten eine extrem hohe Nachfrage nach Schlitten in den letzten Tagen", sagt Andrea Hollenkamp, Geschäftsführerin von Sport-Scheck an der Hindenburgstraße. Am Mittwochnachmittag soll es wieder schneien.

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