Arbeitslosentreff: Helfer in Not

Es besteht seit über 25 Jahren – und immer gab es Zitterpartien wegen der Finanzen.

Mönchengladbach. Wieder einmal rudert das Gladbacher Arbeitslosenzentrum, ein eingetragener Verein, gegen den Ruin. "2010 wird für uns ein Schicksalsjahr", sagt Karl Boland, der Vorsitzender des Trägervereins ist. Gemeint: Ende des Jahres enden zwei fundamentale Verträge - einer mit der Stadt und einer mit der Arge, der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung. Gelingt es Sozialengagierten wie Boland nicht, für 2011 Anschlussverträge zu schließen, ist der Treff an der Lüpertzender Straße 69 (wieder einmal) akut in seiner Existenz gefährdet und muss wichtige Angebote der sozialen Infrastruktur drastisch reduzieren. Laut Boland stehen hinter den noch laufenden Abschlüssen mit Stadt und Arge Einnahmen von bis zu 140.000 Euro.

Dabei scheint die Anlaufstelle im renovierungsbedürftigen Altbau so gefragt wie nie. "Zunehmend kommen Leute, die panische Angst vor dem existenziellen Untergang haben", sagt Jürgen Bahr. Er ist seit über 25 Jahren Sozialberater im Zentrum. An seiner Seite Karl Sasserath, der für die Arbeitlosen da ist und das Stadtmitte-Haus leitet.

Gerade eben hat Bahr eine jüngere Frau nach Hause geschickt. "Ihre Ehe ist am Ende, und sie wollte wissen, wie es finanziell mit ihr und den Kindern weitergehen kann." Arbeitslosigkeit und der damit verbundene Verlust des Eigentums hätten zum Ende der ehelichen Harmonie geführt, sagt Bahr. "Da sind es vor allem die Frauen, die sich Sorgen machen", fügt er hinzu.

Ob geringe Altersrente, Fragen zu Hartz IV, zu Anträgen und/oder Einsprüchen, Krisen-Bewältigung, psychologische Betreuung - das Klientel im Zentrum ist so unterschiedlich wie seine Anliegen. Mehr als 3000 Beratungen leisten Bahr und Sasserath jährlich. "Mehr wäre nötig, aber mehr ist personell nicht drin", sagt Bahr. Kein Wunder, dass es oftmals schwierig ist, die Sozialarbeiter ans Telefon zu kriegen.

Vor diesem Hintergrund vereinbarten Arbeitslosenzentrum sowie Stadt und Arge Leistungsverträge für Aufgaben, die sonst die Kommune bzw. die Arge zu erledigen hätten. Da es die von Stadt und Arbeitsagentur getragene Arge ab 2011 aber in ihrer jetzigen Form nicht mehr geben wird, erscheint ein neuer Beratervertrag durch die Arge zur Absicherung der Angebote im Zentrum eher aussichtslos.

"Wir werden unser Augenmerk daher vorrangig auf Verhandlungen mit der Stadt Mönchengladbach richten müssen", sagt Karl Boland.

Dabei haben Sasserath und Mitstreiter in diesem Jahr einiges vor. Wenn auch gezwungenermaßen. Im Dachgeschoss frei gewordene Räume sollen so gestaltet werden, dass Waren für das Mittagessen hygienisch und vernünftig gelagert werden können.

Dazu hat man mit der Hochschule Niederrhein und den Architekten Hillekamp und Weber ein Qualitätskonzept (inklusive Statik und Brandschutz) entwickelt. Kosten der Umbauten: zwischen 24.500 und 49.500 Euro. Die Sparkasse stellte hierfür 10.000 Euro zur Verfügung.

Wie der Umbau komplett finanziert werden soll, das wissen die Verantwortlichen selber nicht genau.

Der Mittagstisch hat sich unverhofft zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Im Tagesdurchschnitt werden 60 Essen (eins kostet zwei Euro) an bedürftige Personen ausgegeben. "Ich nehme mir für den Abend immer noch etwas mit", sagt eine ältere Frau und lächelt. Dann geht sie nach nebenan in den Aufenthaltsraum, wo man klönen, lesen oder spielen kann.

Hier ist es in letzter Zeit immer voll. Einige sitzen wie abwesend am Tisch. Andere diskutieren lebhaft und laut. "Hier bin ich sehr gerne, auch wenn mich die Armut hierher gebracht hat", sagt ein Mann. Er ist im Pensionsalter.

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