Abschied vom Museum: „Zurücklassen tut weh“

Wilhelm Stratmann hat neun Jahre lang das Museum Schloss Rheydt geleitet. Nun wechselt er nach Bielefeld.

Mönchengladbach. Die Husarenuniform gehört zu seinen Lieblingsexponaten. Die wurde in der Zeit um 1900 von Schützen getragen. "Davor erzähle ich Jugendlichen immer, dass die Husaren die Popstars der damaligen Zeit gewesen sind", sagt Wilhelm Stratmann, der scheidende Direktor des Museum Schloss Rheydt.

So animierte er junge Menschen zu einer Reise in die Vergangenheit. "Wenn die Husaren durch die Straßen ritten, kreischten die Mädels", knüpft er an ihren heutigen Erfahrungshorizont an.

Damit trägt der Historiker, der neun Jahre lang Direktor des Museums Schloss Rheydt war, einer Erfahrung Rechnung: "Man muss die Reise in die Vergangenheit in der Gegenwart beginnen." Die meisten hätten einfach zu wenig Geschichtswissen, als dass man auf irgendetwas sicher aufbauen könne.

Anhand dieser Uniform, die einer Preußischen Uniform der damaligen Zeit nachempfunden wurde, könne dann die Zeit der Besatzung aufgegriffen werden, die auch verantwortlich ist für zwei typisch rheinische Phänomene: "Das Schützenwesen, das den Militarismus imitiert, der Karneval, der sich darüber lustig macht."

Diese stadtgeschichtliche Sammlung aufbauen zu können, war der Grund, warum der geborene Ostwestfale vor neun Jahren vom Museum Burg Linn nach Mönchengladbach wechselte, denn ansonsten sind beide Häuser gleich groß. "Aber die Krefelder konnten sich nicht zu einer stadtgeschichtlichen Sammlung durchringen", sagt Stratmann.

Aus dem Heimatmuseum, das Schloss Rheydt früher war und bei dem "alles bei 1900 aufhörte", machte er eines für die jüngere Geschichte der Stadt, das überregional Beachtung findet.

Die Alternative für das Renaissance-Schlösschen wäre ein Ausbau der Sammlung von Gemälden dieser Kunstepoche gewesen. Doch der dafür notwendige Ausbau hätte Summen verschlungen, die die Stadt nicht hat. "Die Räume müssen dann entsprechend klimatisiert sein, das kostet."

Die stadtgeschichtliche Sammlung hingegen wurde im grenzübergreifenden Projekt "Flashback" entwickelt. Damit beteiligte sich auch die Europäische Union an der Finanzierung. "Alle fragen, wie wir das hingekriegt haben", erzählt Statmann im Rückblick. Kollegen aus anderen Grenzregionen würden dem Beispiel gern folgen.

Wichtig war Stratmann, dass sich Schloss Rheydt "als Anbieter von Kultur nicht aufs Museale beschränk". Deshalb habe er das Areal für verschiedene Märkte und zuletzt für die Sommermusik Schloss Rheydt geöffnet, die nach der Beatles-Ausstellung entstand, bei der Stratmann den späteren Sommermusik-Organisator Günter vom Dorp kennenlernte. Stratmann lobt die Zusammenarbeit mit dem Theater und der Musikschule. "Das tut mir leid, dass ich das zurücklassen muss."

Nach Abschluss des Projekts "Flashback" wechselt er nun nach Bielefeld. Das Haus dort ist ungefähr dreimal so groß. Es gibt 25 Mitarbeiter statt der neun in Rheydt, darunter vier Wissenschaftler. Bedeutsam ist in beiden Städten die Textilindustrie gewesen, eine Parallele. In Bielefeld steht 2014 ein Stadtjubiläum an, die Dauerausstellung muss überarbeitet, Wechselausstellungen initiiert werden. Das Haus mitten in der Stadt liegt in direkter Nachbarschaft zu einem Programm-Kino. "Ich bin begeisterter Kino-Gänger", freut er sich.

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