Witwer blickt optimistisch auf die Zukunft

Michael Schüürmann verlor seinen Mann und seine Mutter — jedoch nicht seinen Lebensmut.

Witwer blickt optimistisch auf die Zukunft
Foto: Schüürmann

Nettetal. Seine Ebay-Anzeige hat schon mehr als 10 000 Zugriffe: Michael Schüürmann sucht für sich und Hund Emil eine Wohnung in Nettetal-Kaldenkirchen. Dahinter steckt die Geschichte eines Mannes, der nach zwei schweren Verlusten nach vorne sehen will: Im Dezember 2012 erhielt Schüürmann die Diagnose Lungenkrebs und verlor in einer achtstündigen Operation einen Teil seiner Lunge. Schüürmann erzählt von einer „schwierigen Krankheits- und Erholungsphase“. Trotzdem gab es auch schöne Tage. Ende 2013 zog er mit seinem Lebenspartner in ein Haus auf dem Land außerhalb Mönchengladbachs und heiratete ihn im Oktober 2017.

Doch sein Mann litt an schweren Depressionen, Mitte Januar nahm er sich das Leben. „Leider war die Krankheit trotz Behandlung letztlich mächtiger als das Leben und unsere Liebe“, sagt Schüürmann. Dadurch befand sich der 56-Jährige in einer emotionalen und wirtschaftlichen Notlage — und dachte daran aufzugeben. Er spielte mit dem Gedanken, seinem Mann zu folgen, um wieder bei ihm zu sein. „Ich hatte die Wahl und habe mich dann doch entschlossen, es noch einmal mit dem Leben zu probieren“, sagt Schüürmann. Das tue er allein schon für seinen Hund Emil. „Der würde sonst alleine zurückbleiben.“ Der Wunsch des 56-Jährigen ist es, in die Umgebung seiner Familie nach Kaldenkirchen zu ziehen. „Ohne familiäre Nähe würde ich auf Dauer irrewerden oder ebenfalls am Leben scheitern“, sagt er.

Ende Februar schaltete er eine Anzeige auf Ebay. Dort sucht er nach einer kleinen Wohnung im Grünen, für einen „mittelalten Neu-Witwer nebst mittelkleinem Hund“. Er beschreibt seinen Wunsch nach einem Ort, an dem er „gemütlich und friedlich seinen Lebensabend verbringen kann“, und teilt den Nutzern seine Geschichte mit. Um was für eine Wohnung es sich handelt, ist ihm nicht wichtig. Für den 56-Jährigen ist die Wohnungssuche wegen seines gesundheitlichen Zustands schwierig.

Die Reaktionen auf die Anzeige überraschten Schüürmann. Tausende nahmen Anteil an seiner Geschichte. Der Witwer habe viele nette Nachrichten bekommen, aber noch kein konkretes Wohnungsangebot, berichtet er: „Aber ich bin da zuversichtlich und hoffe weiter, dass das bald mit einer schönen Bleibe für mich klappen wird.“ Doch schon vergangene Woche folgte der nächste Schicksalsschlag. Seine Mutter starb. „Durch ihren plötzlichen Tod ist meine eh schon aus den Fugen geratene Welt erst recht in ein emotionales Chaos gestürzt“, sagt er.

Conny Wolff vom Trauernetz Kreis Viersen rät Hinterbliebenen, auf ihre innere Stimme zu hören: „Trauern ist keine Krankheit, sondern ein gesunder und normaler Prozess nach einem Verlust.“ Eine Trauergruppe könnte in so einer Situation helfen. Wichtig sei es, dass man den Kontakt zu Trauernden nicht meide, sondern offen auf sie zugehe, sagt Wolff.

Schüürmann versucht, optimistisch zu bleiben: „Es muss einfach weitergehen.“ Wichtig sei ihm, dass Depression als Krankheit ernstgenommen wird: „Ich schaue, dass ich meinen Teil zur Akzeptanz beitragen kann.“

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