Willich/Tönisvorst: In allen vier Ecken soll Liebe. . .
. . . drin stecken!“ Das ist einer der bekanntesten Sprüche für ein Poesiealbum. Freundschaftsbücher haben ihm mittlerweile den Rang in Schülerkreisen abgelaufen.
<strong>Willich/Tönisvorst. Gestern fiel es mir beim Kramen wie ein Schatz in die Hände: Mein Posiealbum. Gut 30 Jahre alt. Der rot-blau-karierte Umschlag ist mit den Jahren schmutzig geworden. Auch das Kunstlederband des Verschlusses existiert nicht mehr. Damals, 1975, war ich so stolz auf dieses Poesiealbum, mein erstes. Und einziges. Von wem ich es bekommen habe, weiß ich nicht mehr. Aber ich weiß, dass mir gerade dieser Verschluss gefiel. Da konnte niemand so einfach blättern, wenn ich es nicht wollte. Mit wem ich damals so befreundet war: Einige Namen sagen mir noch etwas, auch Gesichter sehe ich noch vor mir. Aber andere?
Sie alle haben sich jedenfalls nicht von meinem Spruch auf der ersten Seite abhalten lassen, einige Zeilen zu schreiben. "Liebe Leute groß und klein", hatte ich gemahnt, "haltet mir mein Büchlein rein. Reißt mir keine Blätter aus, sonst ist unsere Freundschaft aus." Ja, so viel Strenge war unter uns Drittklässlern damals üblich.
Genauso wie der Spruch zum Schluss: "Hier hinten bin ich angewurzelt, damit mir keiner aus dem Album purzelt."
Dazwischen steht viel Mahnendes, das aus mir einen guten Menschen machen sollte: "Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein. Nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein." Danke, Ilona, ich versuche mich bis heute daran. Schulkameradin Melanie aus Neersen hat mir zum Abschied von der Grundschulzeit geschrieben: "Ein fröhlich Herz, gesundes Blut, ist besser als viel Geld und Gut." Dazu hat sie mir ein Schiff mit einem "Ade" auf den Bug gemalt.
Auch Erwachsene haben sich im Album verewigt, wie Frau Biste, meine Lieblingslehrerin: "Viel Kälte ist unter den Menschen, weil wir nicht wagen, uns so herzlich zu geben wie wir sind."
Und während ich so blättere, denke ich: Ute, du hattest Recht, als Du am 26.3.1976 schriebst: "Liebe Kerstin! Wenn Du einst nach vielen Jahren, dieses Büchlein nimmst zur Hand, denk daran, wie froh wir waren, in der kleinen Schülerbank."
