Willich ist ganz heiß auf Wärme

Im Stahlwerk Becker entsteht ein „Kompetenzzentrum Geothermie“. Denn Erdwärme hat in der Stadt Zukunft.

Willich. Öl und Gas werden immer teurer. Vom Strom ganz zu schweigen. Und das ärgert nicht nur private Hausbesitzer, sondern auch die Geschäftsführer größerer Unternehmen. Von denen gibt es in Willich jede Menge, schließlich hat die Stadt als Wirtschaftsstandort einen guten Ruf.

Dieser Ruf wird bald noch besser werden, denn Firmen können in Willich richtig Geld sparen. Grund: Teile des Stadtgebiets eignen sich ideal für den Einsatz von Erdwärme als Energieträger - und das in großem Stil.

"So günstige Voraussetzungen wie in Schiefbahn und Alt-Willich gibt es dafür in ganz NRW nicht noch einmal", erläutert Bernd Bremerich-Ranft, Diplom-Geologe der Geobit Ingenieur-Gesellschaft aus Aachen.

Die Firma kümmert sich im Auftrag der städtischen Grundstücksgesellschaft seit zwölf Jahren um die Altlasten-Sanierung im Stahlwerk Becker. Und stellte im Zuge der Untersuchungen fest, dass die so genannte geothermische Ergiebigkeit dort extrem hoch ist. Was auch entsprechende Zahlen des Geologischen Dienstes NRW untermauern.

In nicht einmal 40 Metern Tiefe fließt unter den Füßen der Willicher gleichbleibend warmes Wasser. Das kann mit Hilfe von Sonden und Wärmepumpen für die Heizung im Winter und die Kühlung im Sommer angezapft werden.

"Wenn man bedenkt, dass jeder Meter Tiefe einer Sonde Kosten von 50 bis 70 Euro verursacht, können hier in Willich 5000 bis 7000 Euro pro Anlage gespart werden", erläutert Bremerich-Ranft. Im Vergleich mit einer Gasheizung seien die teure Investition deshalb schon nach sechseinhalb Jahren reingeholt. In anderen Regionen, etwa in Dortmund, würde man dazu fast 14 Jahren brauchen. Und die Technik sei so ausgereift wie die eines Kühlschranks.

"Wenn ein solches Potenzial vorliegt, müssen wir diesen Standortvorteil auch vermarkten", betont Willy Kerbusch, Prokurist der Grundstücksgesellschaft (GSG). So kam die Idee zustande, in einer Halle des Willicher Gründerzentrums das "Kompetenzzentrum Geothermie" einzurichten. Informationen, Beratung, Finanzierung, Fördermöglichkeiten und Kontaktpflege rund um das Thema Erdwärme werden hier für Firmen und Privatkunden angeboten.

Anfang des Jahres segnete der Aufsichtsrat das Projekt ab. Und mittlerweile habe man für diese Idee eine ganze Reihe von Partnerunternehmen begeistern können, sagt Wirtschaftsförderer Peter Heinze: Neben der GSG und Geobit als Träger sind die Volksbank Mönchengladbach, die Commerzbank und die Stadtwerke Willich mit im Boot, ebenso Spezialfirmen wie "Majatherm Neue Energien" aus Willich und die Gesellschaft für Erdwärme und Brunnenbau aus Aachen. Und auch örtliche Heizungsbauer seien mit eingebunden.

Als Referenzobjekt wird die 1000-Quadratmeter-Halle im Gründerzentrum über Erdwärme beheizt. Gestern wurde mit der Bohrung für eine 30 Meter tiefe Sonde begonnen. "Die kommt unter Glas, damit wir etwas vorzeigen können", erläutert Willy Kerbusch.

Darüber hinaus richtet die GSG einen alten Bauernhof bei Münchheide entsprechend her, der darüber hinaus eine Photovoltaikanlage zur Erzeugung des Stroms für die Wärmepumpe erhält. Der Hof wird anschließend an Firmen vermietet.

Peter Heinze ist davon überzeugt, dass das Projekt bei Firmen auf großes Interesse stößt. Entsprechende Signale habe er bekommen. "Unsere Vision ist ein Gewerbegebiet ohne Schornsteine."

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