Tönisvorst: Die Erinnerung an die Toten

Der Volkstrauertag ist ein Tag des Innehaltens auf dem Friedhof. Dann sind die Gedanken bei den Gefallenen.

<strong>Tönisvorst. "Gedenket unser" fordert der große weiße Stein in Form eines Sarkophags den Besucher des Ehrenmals in St.Tönis auf. Das Areal liegt rund 100 Meter hinter dem Haupteingang, mitten auf dem Friedhof. Der Gedenkstein ist umrahmt von den Kreuzen der Kriegsgräber. Um diese Jahreszeit sind Stiefmütterchen gepflanzt, vereinzelt haben Angehörige Gestecke abgelegt oder ein Grablicht aufgestellt. Anders als in anderen Städten gibt es hier richtige Gräber. Die Menschen, die hier beerdigt sind, starben in St. Tönis. Sowohl bei Kampfhandlungen wie an deren unmittelbaren Folgen als auch später noch. Viele stammen nicht von hier. Aus der früheren Gemeinde kamen in den beiden Kriegen 853 Menschen ums Leben.

Die Lebensdaten auf den Kreuzen lassen den Atem stocken

Das Ehrenmal, das an die Opfer der beiden Weltkriege erinnert, liegt sehr zentral. Es stammt aus dem Jahr 1927. 1955 wurde es neu gestaltet. Trotzdem wird es oft kaum beachtet. Am Volkstrauertag ist das anders. Wenn eine Gedenkstunde stattfindet, bleiben viele Menschen für ein paar Minuten stehen. Wie gestern, als das zentrale Totengedenken stattfand.

Die Namen kommen einem teilweise bekannt vor, gehören fraglos in die Region, in die Stadt. Es gibt auch slawische Anklänge. So liegt Fedor Schukow hier, ein russischer Soldat. Ebenso wie mehrere namentlich genannte Kameraden von ihm, aber auch ungekannte Mitglieder der Roten Armee. Es kommt auch vor, dass das Geburtsdatum des Getöteten nicht bekannt war. Auch bei deutschen Opfern. Vermutlich hat man es auf der Erkennungsmarke nicht mehr lesen können.

So sehr die Staaten sich bekriegten, so international sind die Nationalitäten derer, die hier liegen: Durch Bombenangriffe ums Leben gekommene Zivilisten, ein abgeschossener britischer Luftwaffenangehöriger, französische und serbische Kriegsgefangene, die durch englische Tiefflieger getötet wurden, bei Frontkämpfen Gefallene. Sogar ein Bundeswehrsoldat ist hier beerdigt. Er kam bei einem Manöver ums Leben.

Und dann sind da noch die unglaublichen Geschichten, die das Schicksal schreibt. Die von der Mutter, die aus den Ostgebieten nach St. Tönis gekommen war. Mann und Sohn hatte sie verloren, der Sohn galt als im Westen vermisst. In St. Tönis suchte sich die Frau das Grab eines unbekannte Soldaten, pflegte es stellvertretend für ihren Sohn, stellte regelmäßig Blumen drauf. Später, bei Nachforschungen des Suchdienstes des Roten Kreuzes, stellte sich heraus, dass in diesem Grab ihr eigener Sohn bestattet war.

Eines ist klar: Diese Toten haben wenig Spuren hinterlassen. Deshalb muss man an sie erinnern - jedes Jahr - immer.

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