Stadtarchiv / Willich: Gedächtnis ist im Keller

Udo Holzenthal will als Herr über das Stadtarchiv Akten für alle öffnen.

Willich. Das Stadtarchiv befindet sich in einem dreckigen, dunklen, feuchten Keller. Darin sitzt ein mindestens hundert Jahre alter Archivar mit einem langen weißen Bart bei Kerzenschein - soweit das Klischee.

Wer den Willicher Stadtarchivar Udo Holzenthal in seinem Büro besucht, merkt sofort, dass da nicht viel dran ist. Lebendig und begeistert erzählt der 41-Jährige von seinem Beruf: "Wir verwalten hier alles: von Massenakten, Personalakten bis hin zu Akten aus dem Bürgermeisterbüro."

Es gibt eine Frist, wie lange was im Zwischenarchiv gelagert werden muss. Danach entscheidet der Archivar, was entsorgt wird, und welche Daten für immer aufgehoben werden. "Aus Platzgründen dürfen das nicht mehr als fünf bis zehn Prozent der Akten sein", erklärt Holzenthal.

Zurück zum Klischee: Das Archiv als "Gedächtnis" der Stadt Willich liegt tatsächlich im Keller. Der hat allerdings Fenster, ist sauber und gut temperiert: "Das muss sein: 50 Prozent Luftfeuchtigkeit und 20 Grad Celsius sind optimal - sonst wird das Papier brüchig oder schimmelt." Die Fenster sind daher besonders isoliert. Ein intelligentes Schranksystem spart Platz und hält die Akten im Dunkeln. Alles ist genau geordnet, damit man jede Information schnell finden kann.

Neben den Akten gibt es ein Bildarchiv mit rund 8000 alten Fotografien, sowie ein Archiv für Karten und Pläne. Alle Bilder sind inzwischen auch digitalisiert in einer Datenbank zu finden: "Das ist wichtig, denn ich sehe die Hauptaufgabe des Archivars nicht mehr wie früher darin, nur zu verwahren, sondern vor allem darin, die Akten zugänglich zu machen."

Einige Kuriositäten - das Spektrum reicht von wirklichen Schätzen bis hin zu wirklichem Kitsch - findet man nicht bei den Akten. Frühere Geschenke an den Bürgermeister werden in einem Schrank ganz hinten in einer Ecke des Archivs aufbewahrt: Strickwaren, Pokale, alte Schnapsflaschen und die Druckplatte einer Postkarte sind darunter. "Wappenteller sind auch sehr beliebt gewesen", sagt Holzenthal und zeigt auf ein volles Regal.

Die besten Stücke stehen im Lesesaal: Alte Adressbücher, in denen jeder Willicher sogar mit Beruf verzeichnet ist, und ein Schwert aus dem 17. Jahrhundert, das im Graben von Schloss Neersen gefunden wurde. Der Lesesaal ist eine kleine Bücherecke.

Ahnenforscher, Schüler, und auch Zugezogene informieren sich hier über die Geschichte Willichs. Sie können die sogenannten Findbücher einsehen, in denen Udo Holzenthal und seine Kollegin für jede Akte genau verzeichnet haben, welche Informationen von wann darin stecken und wo im Archiv sie zu finden sind.

Auch die Denkmalpflege fragt öfter mal an: Zum Beispiel um zu erfahren, wie Willicher Gebäude früher aussahen. Auch im Internet kann man sich inzwischen über das frühere Willich informieren, viele Informationen und vor allem Bilder liegen digital vor.

Dass das Archiv bald nur noch aus Rechnern besteht, glaubt Holzenthal trotzdem nicht: "Schon vor 20 Jahren wurde davon gesprochen, dass das papierlose Büro bald kommt."

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