Schauspiel Schlossfestspiele in Neersen - Auftakt nach Maß mit Michel aus Lönneberga

Beim Kinderstück der Schlossfestspiele in Neersen eroberte nicht nur der Junge aus Lönneberga die Herzen der Zuschauer. Eine Premiere mit Temperament.

Schauspiel: Schlossfestspiele in Neersen - Auftakt nach Maß mit Michel aus Lönneberga
Foto: Kurt Lübke

Neersen. Das war ein Festspielsaison-Auftakt nach Maß am Sonntag. Schönstes Wetter, eine ausverkaufte Vorstellung und ein Kinderstück, das das Zeug hat, an frühere Erfolge anzuknüpfen: „Michel aus Lönneberga“ spielte sich am Sonntag mühelos in die Herzen der großen und kleinen Zuschauer.

Schauspiel: Schlossfestspiele in Neersen - Auftakt nach Maß mit Michel aus Lönneberga
Foto: Kurt Lübke

75 Minuten Action pur, gewürzt mit einer gehörigen Prise Nostalgie sowie sehr viel Liebe zum Detail und jede Menge Spielfreude ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Intendant Jan Bodinus freute sich übers herrliche Wetter: „Niemand wird von der Sonne verbrannt oder vom Regen aufgeweicht.“

Los ging es mit einem Hahnenschrei: Die Kuh Elsa trabte munter daher. Ihr hauchten Vivien Minuth, Reinhild Köhncke und Gideon Rapp Leben ein. Sidney Eitel mimte den gemütlichen Hofhund — er trug damit zu der Idylle bei, die das Bühnenbild verkörperte: Da war die Vorratskammer mit den vielen Würsten, das Plumpsklo, der Schuppen, in dem der quirlige Michel immer dann eine Holzfigur schnitzte, wenn er dort eingesperrt wurde, weil er wieder mal irgendeinen Unsinn gemacht hatte.

Magd Lina flirtete mit Knecht Alfred, was das Zeug hielt.

Die erste Katastrophe in dem bekannten Astrid-Lindgren-Stück ließ nicht lange auf sich warten: Michel (Holger Stolz) war mit dem Kopf in der Suppenschüssel steckengeblieben. Die Mutter Alma (Reinhild Köhncke) wollte das Gefäß zerstören, der Vater Anton (Kay Szacknys) erwies sich als Sparfuchs, indem er vorschlug, eine Ärztin (Verena Wüstkamp) aufzusuchen, weil ihre Dienste nicht so viel kosten wie eine neue Suppenschüssel. Schließlich befreite sich Michel selber aus dem Gefäß, war bereit für neue Streiche.

„Ja, die Liebe ist eine Himmelsmacht“, sang die Magd Lina (Sylvia Schitter), die mit dem Knecht Alfred (Sven Post) flirtete, was das Zeug hielt.

Eine der temperamentvollsten Szenen war die, in der der gute Michel der Magd mit der Angelschnur einen Zahn ziehen wollte.

Peinlich: Die Besucherin, Frau Petrell (Verena Wüstkamp), ganz auf feine Dame getrimmt, die gemeinsam mit dem Pfarrer (Heinz-Hermann Hoff) zu Besuch kam, schwärmte von den tollen Würsten, die der Michel alle aufgegessen haben sollte bis auf einen kleinen Zipfel.

Die Kulissen wurden blitzschnell verändert, als der Besuch auf dem Jahrmarkt anstand. Mit Vergnügungen wie einem Riesenrad, einem „Hau den Lukas“ und einer ganz besonderen Attraktion lange vor dem Fernsehauftritt von Conchita Wurst: Christine Czar verkörperte die Hauptattraktion, die Frau mit Vollbart.

Michel, der Bruder der kleinen Ida (Jennifer Tilesi Silke) zog feste dran, um zu prüfen, ob er auch echt ist. Und wie es sich für einen echten Jahrmarkt gehört, sollte es auch eine Schlägerei geben: Knecht Alfred und Bulte, ein anderer Knecht (Gideon Rapp) gerieten aneinander. Bulte warf Alfred vor, ihm seine Geldbörse gestohlen zu haben. Ein Missverständnis, wie sich später herausstellte. Alfred konnte fast so viel einstecken wie einst Bud Spencer.

Aber es sollte schließlich noch turbulenter zugehen: Michels Vater, der im Fenster des Plumpsklos steckengeblieben war und dessen Kopf dem Starkregen ausgesetzt war, wollte sich seinen „missratenen“ Sohn schnappen, wobei festzuhalten ist, dass der Michel ein Sympathieträger ist.

Ein folgsames Kind, das war für Astrid Lindgren offenbar nicht der Idealfall. Dieser Michel ist chaotisch, aber auch kreativ. Das gefiel auch den Zuschauern.

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