Ordner „Neersen privat“ stets griffbereit

Astrid Jacob, langjährige Intendantin der Schlossfestspiele, hält den Abschied von Neersen für das Wichtigste in ihrem Jahr 2014.

Ordner „Neersen privat“ stets griffbereit
Foto: Archiv

Neersen. „Was war das Wichtigste für mich im Jahr 2014? Das war tatsächlich, dass ich meinen Vertrag mit den Neersener Schlossfestspielen gekündigt habe.“ Astrid Jacob befindet sich zurzeit zu Hause in München, aber gedanklich ist sie oft und sozusagen auf Zuruf in Nullkommanichts wieder am Niederrhein.

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„Mich hat die Entscheidung, aufzuhören, lange beschäftigt. Die Intendanz war ja eine große und gesellschaftliche Aufgabe. Mit diesem Schritt verlasse ich viele Menschen, auch wenn ich sie nicht persönlich kenne — wie die Zuschauer.“

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Hans-Joachim Kulenkampff, der Schauspieler, Fernseh-Moderator und Entertainer, habe ihr einmal gesagt: „Wenn man etwas Neues beginnt, wird man für andere Menschen Schicksal. Man wird sie beeinflussen.“ Das sei, sagt Jacob, doch das unglaublich Spannende am Wechsel.

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Als sie ihre Entscheidung dem Ensemble mitgeteilt habe, seien die Kollegen und Schauspieler völlig überrascht gewesen. „Das habe ich unmittelbar gespürt und damit ehrlicherweise nicht gerechnet“, sagt die langjährige Intendantin. „Das wollte ich so auch nicht.“

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Die acht Jahre Neersen seien eine so gute Zeit gewesen, sie habe sogar „zwei Jubiläen umschlossen, das zum 25-jährigen und das zum 30-jährigen Bestehen“.

Nach der Neersener Spielzeit 2014 wieder zurück in München, „bin ich am ersten Sonnentag sofort in meinen Lieblingssee gehopst.“ Das könne man in München überall. „Ich habe es sehr genossen. Endlich konnte ich sorgenfrei in den Himmel gucken und musste mir nicht Gedanken um die Zuschauer und meine Schauspieler machen, ob ihnen wieder einen verplästerter Theaterabend bevorsteht.“

Astrid Jacob

Die Nachdenklichkeit habe nach der Entscheidung dann in München doch noch eingesetzt. Aber Astrid Jacob ist von ihrem Nachfolger überzeugt: „Jan wird es mit guten Händen weiterführen. Er hat ein Gefühl für die Freude der Niederrheiner am Amüsement.“

2014 war für Astrid Jacob nicht nur ein Jahr des Abschieds, sondern auch eins für Neuanfänge. „Ich habe direkt nach der Festspielsaison alte berufliche Kontakte geknüpft und Verträge reingeholt.“ So wird sie im Februar eine Premiere in Gießen feiern. „Ich habe von der dortigen Intendantin Cathérine Miville den Auftrag bekommen, Michael Kohlhaas zu dramatisieren. In diese Aufgabe habe ich mich reingefressen, das Stück geschrieben und werde nun am Montag zur ersten Bauprobe nach Gießen fahren.“ Mit dem SWR Baden-Baden gibt es Gespräche über ihr Soloprogramm.

Ursprünglich war daran gedacht, das Astrid Jacob auch in der kommenden Spielzeit in Neersen noch etwas inszeniert, aber das hat sie wohlüberlegt letztlich abgesagt. „Ich wollte nicht, dass es so aussieht, als schaute ich Jan Bodinus noch über die Schulter. Dieses Gefühl wollte ich nicht aufkommen lassen.“ Vor allem nicht nach dem

fairen Übergang. „Das Publikum

nimmt ihn an.“

Astrid Jacob

Die Neersener Intendanz- und Theaterzeit ist in ihrem Münchener Büro nach wie vor sehr präsent. „Ich habe unendlich viele Leitzordner, die das Leben, das dort über die acht Jahre abgewickelt wurde, abbilden.“

Sie tragen Stichworte wie „Verträge, Büro, Absprachen oder Neersen P. „Das P steht für Privates. Die Ordner stehen, nachdem ich aufgeräumt habe, nun nicht mehr ganz so griffbereit auf der Fensterbank, aber immer noch im Regal.“

Die nächsten Premieren am Neersener Schloss hat Astrid Jacob längst in ihren Terminkalender eingetragen. „Ich habe meinen neuen Auftraggebern signalisiert: Wenn wir unsere Spielzeit in Neersen eröffnen, dann will ich dahin. Sie sehen“, lacht Astrid Jacob, „das wir und unser habe ich noch nicht abgelegt.“

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