Willich Mit Helge Schneider zur Kur

Der Willicher Erwin Klemke ist Musikveranstalter, Roadie und vieles mehr. Er macht den Auftakt einer neuen WZ-Serie.

Willich. „Weit herumgekommen bin ich noch nicht.“ Auch so — wie hier der Willicher Erwin Klemke — kann man untertreiben. „Ich wurde an der Bahnstraße geboren und wohne jetzt an der Peterstraße“, sagt der Mann mit den langen, zibbeligen Haaren und lacht. Natürlich ist er sehr wohl herumgekommen. Der heute 66-Jährige ist nach wie vor der Roadie von Helge Schneider. Er betreut den begnadeten Musiker und Komiker wie die sprichwörtliche „Mutter ohne Brust“.

Der Willicher ist kaum zu bremsen, wenn er von seinen Erfahrungen mit dem legendären Helge Schneider erzählt. „Eigentlich haben Helge und ich keinen Tour-Plan, sondern einen Kur-Plan“, lacht der Mann, den alle nur Klemmi nennen. „Man muss eigentlich nur aus dem Hotelbett aufstehen. Mahlzeiten gibt es dort, dann die Auftritte. Der Tagesablauf ist geregelt.“

Kennengelernt hat Klemmi Helge Schneider bei dem Krefelder Musiker Waldo Karpenkiel. Schneider hatte dort angefragt: „Kennst Du nicht jemanden, der mir helfen kann?“ Karpenkiel kannte jemanden und gab Klemmis Telefonnummer weiter.

Willich: Mit Helge Schneider zur Kur
Foto: dpa

Seitdem gehört der Willicher zur Crew von Schneider, turnt immer wieder mit seinem Hausmeister-Kittel durch die Show. „Jahrelang habe ich das neben meinem Job gemacht. Irgendwann wackelte der und fast gleichzeitig hat Helge gefragt, ob ich nicht immer mit ihm touren könnte“, schildert Klemke.

Gelernt hat er in einer Willicher Schmiede, in der er rund 20 Jahre arbeitete. Genau so lange ist er mittlerweile hauptberuflich mit Schneider unterwegs. „Zweimal im Jahr mit jeweils mindestens 40 Auftritten“, sagt er. Bezahlt wird er pro Gig. „Da muss ich zwischendurch — wenn wir mal in der Nähe sind — mal meinen Briefkasten leermachen“, erklärt er.

Was ihn wahnsinnig macht, ist ein Satz, den Roadies oft zu hören bekommen: „Das geht nicht.“ „Da muss man doch erstmal fragen: „Wo ist das Problem?“, sagt Klemmi. Und nennt ein Beispiel: Er habe mit der Crew in der Bonner Beethovenhalle aufgebaut, als ein Hausmeister der Prägung „Kaczmarek“ ankam und erklärte, jeder Aufbauarbeiter müsse einen Helm tragen. Was in der Praxis natürlich Unsinn war, weil oberhalb der Bühne sich zu diesem Zeitpunkt niemand aufhielt, der etwas hätte herunterwerfen können. „Ich habe mal gefragt, wie wichtig es ihnen ist, dass Helge Schneider überhaupt auftritt. Das war die Diskussion schnell beendet“, schmunzelt Klemmi.

Sein Aufgabenbereich ist nicht nur das Herrichten der Bühne, sondern geht bis hin zum Licht und zum Ton. „Und natürlich die persönliche Betreuung an der Hotelbar“, so Klemke. Ist er mit dem Comedian in Hamburg, bekommt er regelmäßig prominente Unterstützung: Udo Lindenberg ist schon bei der Show zu Gast, spätestens danach lässt sich auch immer Otto Waalkes blicken. Bei den Auftritten hat Klemke auch eine Eigenart von Schneider zur Genüge kennengelernt: Er macht nie das, was abgesprochen ist. Das macht den Umgang mit ihm für andere manchmal ausgesprochen schwierig. „Aber er ist ein klasse Mensch“, schwärmt der Willicher.

Dabei ist Helge Schneider bei weitem nicht der einzige Promi, mit dem Klemmi es zu tun hat. Noch viel älter ist seine Liebe zur Rockmusik. Immer wieder war es ihm in der Vergangenheit gelungen, gute Bands in die Region zu holen. Die bekannteste von ihnen: Golden Earring, die 1973 den Mega-Hit „Radar Love“ landeten. Diese Truppe holte Erwin Klemke nach Willich, im Vorprogramm spielte die heimische Formation Blue Circle.

Irgendwann, an das genaue Datum kann der 66-Jährige nicht mehr erinnern, hielt er sich mal wieder in Holland auf, sah dort eine Band. Wenig später traf er in Willich Jochen Contzen, Blues Brother und Kneipier, und erzählte ihm von einer „sagenhaften Truppe“. Was ließ ihn in so hohen Tönen schwärmen? Klemmi hatte einen Rock-Giganten getroffen: Hermann Brood, der in Deutschland damals noch nicht so sehr bekannt war, aber bereits das ein oder andere erfolgreiche Gastspiel abgeliefert hatte.

„Wir haben ihm Auftritte in Krefeld, Lobberich, Willich und Mönchengladbach besorgt“, blickt Klemke zurück. Und betont, dass er den Niederländer für einen der Größten überhaupt hält. Umso heftiger traf es die Fans, als der Musiker, Künstler und Schauspieler 2001 im Alter von 55 Jahren Selbstmord beging. Erwin Klemke verfasste einen Nachruf, den er überall in Willich plakatierte. Eine Aktion, die er Jahre später zum Schützenfest noch einmal wiederholte — um die „Schlager-Fuzzis“ zu ärgern, wie er sagt.

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