Horst Gurski, ein Beobachter aus der Ferne

Theater: In diesem Jahr gibt es zum 25. Mal Schlossfestspiele in Neersen. Gurski, einer ihrer Gründer, blickt auf die Anfänge zurück.

Neersen. Die Geschichte ist viel zu schön, um wirklich wahr zu sein: Horst Gurski und Gerhard Ernst, Schauspieler der Städtischen Bühnen Krefeld-Mönchengladbach, machen im Sommer 1983 eine Radtour am Niederrhein, kommen zufällig am Schloss Neersen vorbei und beschließen: Hier bauen wir ein Freilichttheater auf.

"Ich fahre Motorrad. Und auf die Idee mit der Radtour wäre ich nie gekommen", kommentiert Horst Gurski trocken die Anekdote. Und erzählt dann, wie es wirklich war.

Ein Kollege vom Chor der Städtischen Bühnen habe im Schloss gesungen und anschließend erzählt: Da kann man wunderbar Theater spielen. Gurski und Ernst griffen die Idee auf, leisteten "Schwerstarbeit", um die Verantwortlichen der Stadt Willich davon zu überzeugen - und am 13. Juli 1984 hob sich zum ersten Mal der (imaginäre) Vorhang. "Der zerbrochne Krug" von Kleist wurde gespielt, außerdem als Kinderstück "Das tapfere Schneiderlein" - mit Horst Gurski in der Hauptrolle.

"Wir mussten damals in Willich gegen Mauern anrennen", erinnert er sich. So sei die Begeisterung der Beamten über die Schauspielertruppe vor der Tür anfangs nicht sehr ausgeprägt gewesen. Und ohne die tatkräftige Unterstützung der Krefelder Theater-Kollegen hätten die Festspiele ohnehin nicht funktionieren können: "Dort haben wir uns alles Notwendige ausgeborgt."

Doch warum überhaupt eine Freilichtbühne in Neersen? "Die Lage, die Infrastruktur - alles war perfekt vorhanden", sagt Gurski. Zudem habe es in der ganzen Region keine einzige professionelle Sommerbühne gegeben.

Der Erfolg gab den beiden Theatermachern Recht: 5668 Besucher kamen in der ersten Spielzeit. Und schon im Jahr 1989 - der Österreicher Gerhard Ernst war zwei Jahre zuvor ausgeschieden - gelang erstmals der Sprung über die magische Marke von 20000 Zuschauern. Eine Zahl, die in den vergangenen beiden Jahren nicht erreicht werden konnte.

Gurski selbst schied nach der Spielzeit 1991 aus, Norbert Kollakowsky löste ihn ab. Über die Umstände dieses Wechsels berichtet der mittlerweile 56-jährige Intendant immer noch mit Grollen. "Würde ich heute die Festspiele besuchen, müsste sich so manch einer schämen, wenn er mich sieht", sagt Gurski.

Doch er besucht Neersen nicht mehr, beobachtet nur noch aus der Entfernung, was sich dort tut. "Ich kriege alles mit. Astrid Jacob ist eine wunderbare Intendantin, eine gute Schauspielerin und ausgezeichnete Regisseurin."

Horst Gurski selbst ist der Freilichtbühne treu geblieben: Als Intendant ist er für die Scherenburgfestspiele in Gemünden bei Würzburg verantwortlich. Offenkundig mit Erfolg: "Wir hatten zuletzt eine Auslastung von 99,8Prozent."

In diesem Jahr werden dort "Die drei von der Tankstelle" und "Sams in Gefahr" auf die Bühne gebracht. Allerdings erst ab heute, 9. Juli. "Der Juni ist für Freilichttheater zu früh. Das Wetter ist nicht stabil genug", ist Gurski überzeugt.

Sollte es trotzdem regnen, sitzen die Zuschauer in Gemünden trocken: Die Tribüne ist seit einigen Jahren überdacht. "In Neersen bekommen sie das ja immer noch nicht hin." Und was wünscht der Festspiel-Gründer im Jubiläumsjahr seiner alten Freilichtbühne? "Toi, toi, toi für Astrid Jacob."

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