Willich Ex-Ratsfrau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt

Cornelia Wingerath hat gestanden, 115 Rechnungen für privaten Luxus von einem fremden Konto bezahlt zu haben.

Willich: Ex-Ratsfrau zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt
Foto: SPD

Willich/Krefeld. Am Donnerstagmittag konnte Cornelia Wingerath das Gerichtsgebäude nach rund einem halben Jahr Untersuchungshaft zunächst als freie Frau verlassen. Doch demnächst wird sie eine mehrjährige Haft antreten müssen: Das Amtsgericht Krefeld verurteilte das ehemalige Willicher SPD-Stadtratsmitglied zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung wegen gewerbsmäßiger Untreue in 115 Fällen. Der Gesamtschaden: mindestens 60 000 Euro.

Im Oktober vergangenen Jahres erst war Wingerath zu einer Haftstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt worden, weil sie rund 57 000 Euro veruntreut hatte. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig, zudem wird aus beiden eine Gesamtstrafe gebildet werden. Aus der Untersuchungshaft entlassen wurde Wingerath jetzt, weil Richter Dr. Jochen Grefen den Haftbefehl aufhob — eine Fluchtgefahr sehe er nicht.

Die nun verhandelten Taten hatte Wingerath von Januar 2015 bis Oktober 2016, dem Tag ihrer Festnahme, begangen. Sie war für verschiedene Wohnungseigentumsgemeinschaften in Willich, Viersen, Nettetal, Mönchengladbach, Neuss und Pulheim als Hausverwalterin tätig und nutzte ihre Befugnis, über die Konten zu verfügen, aus, indem sie Geld abhob, auf ihr Privatkonto überwies oder mit den EC-Karten der Eigentümergemeinschaften ihre Einkäufe und Rechnungen bezahlte.

Offensichtlich ließ sie es sich gutgehen: So zahlte sie mit dem fremden Geld nicht nur Lebensmitteleinkäufe, Telekom- und Versicherungsrechnungen, einen Wäschetrockner, ihre Miete oder die GEZ, sondern auch Blumen und Schmuck, Kleidung, Urlaubsreisen, Miederwaren und den Beitrag für ihr Fitnessstudio und sogar ihre Dauerkarte für Borussia Mönchengladbach nebst VIP-Parkplatz. Selbst die Rechnung ihres Rechtsanwaltes zahlte sie mit fremdem Geld.

Mit teils zitternder Stimme und den Tränen nah verlas Cornelia Wingerath ihr umfangreiches Geständnis. Irgendwann habe sie „den Überblick verloren, war in meiner eigenen Welt, hatte einen Tunnelblick“, sagte sie. Aus der Spirale sei sie nicht mehr herausgekommen und habe sich geschämt, um Hilfe zu bitten. Angefangen habe alles mit der Pleite ihres Ex-Mannes. Sie habe sich um ihren Sohn gekümmert und nebenher im Bus- und Taxibetrieb ihres Ex-Mannes mitgearbeitet. Später, als ihr Sohn elf Jahre alt war, folgte die Scheidung. „Ich hatte ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle wegen der Trennung gegenüber meinem Sohn . . . Ich habe mir die Schuld für die Trennung gegeben.“ Das fremde Geld habe sie jetzt genommen, um „Löcher aus den Schulden der Ehe zu stopfen“ und ihrem Sohn den gewohnten Lebensstandard zu erhalten. „Ich hatte Angst, dass mein Sohn zu seinem Vater und seiner neuen Frau wollte, weil ich ihm nichts bieten kann . . . Das war falsch, und ich schäme mich.“

Zudem führte sie an, dass sie im Gegenzug zu ihren privaten Entnahmen kein gesondertes Verwaltergehalt bezogen habe. Diesen Umstand rechneten ihr Staatsanwaltschaft und Richter Grefen an. Ebenso ihr umfangreiches Geständnis: „Es zeigt Mut und Reue, in aller Öffentlichkeit so viel von der eigenen Person preiszugeben“, so Richter Grefen. „Ich sehe Selbstmitleid, aber auch Selbstkritik in einem ausgewogenen Verhältnis.“ Zudem habe sie sich teilweise darum bemüht, den Schaden wieder gutzumachen, indem sie sich während der U-Haft in Therapie begeben habe und sich Gedanken über die Rückzahlung mache.

Schwer wiege allerdings die Tatsache, dass Wingerath mit der Untreue auch dann weitergemacht habe, als bereits Ermittlungen gegen sie liefen. Zudem ist die 48-Jährige bereits mehrfach einschlägig vorbestraft. Für die Zeit, die Wingerath nun bis zum Haftantritt in Freiheit verbringen wird, gab ihr der Richter mit auf den Weg: „Sie sind jetzt auf freiem Fuß und können die Dinge positiv weiterverfolgen.“

Wingeraths Verteidiger und die Staatsanwaltschaft, die eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten gefordert hatte, ließen offen, ob sie Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werden. msc

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