Es kreucht und fleucht im grünen Schulgarten

Seit 20 Jahren hegen Viertklässler der Astrid-Lindgren-Grundschule in Schiefbahn Beete, Bäume und Teich.

Schiefbahn. Lina beugt sich über die Kräuterspirale und zieht eine Pflanze aus der Erde, die den Winter nicht gesund überstanden hat. Die vertrockneten Kräuterstängel wandern in die Biotonne. Für den Kochtopf taugen sie nicht mehr. Auch Lucas zupft und Johanna lichtet, damit das Beet wieder ein Hingucker wird.

Wenige Minuten später sind Rosmarin, Thymian, Petersilie und Zitronenmelisse umhegt und von beschrifteten Steinen umlagert. Da weiß man gleich, was da wächst im Schulgarten der Astrid-Lindgren-Grundschule. Der Einsatz im Grünen ist gerade mit dem 2. Platz beim Umweltpreis der Stadt Willich ausgezeichnet worden.

Was da kreucht und fleucht im Teich nebenan, erkundet Marie, die am flachen Ufer kniet und mit einem Mini-Kescher weiße Eier von glitschigen Blättern abfischt. Lehrerin Christa Röhrscheid, die vor 20 Jahren den Schulgarten mit dem damaligen Schulleiter Willy Kamp aus dem Boden gestampft hat, schaut ihr über die Schulter: „Das sind Schneckeneier“, sagt sie. Schon hockt Marie nicht mehr allein am Teichrand. Viel zu spannend sind die Entdeckungen im Lebensraum von Molch und Kaulquappe.

Zwölf Kinder aus den vierten Klassen hängen freiwillig freitags eine AG-Stunde an den Unterricht, um Pflanzen zu setzen, Kraut zu zupfen, Bäume zu be- schneiden, Bienen zu beobachten oder Stauden zu stutzen.

Diesmal steht Pflicht, nicht Kür auf dem Arbeitsplan. Das Wildkraut, das im Getreidebeet fast besser wächst als die Halme, muss raus, der Boden gelockert werden. Philip und Ilka bücken sich, kratzen um Hafer und Gerste herum. Lehrerin Melina Miedel ackert mit. Hier arbeiten Schüler und Lehrkräfte Hand in Hand. Oder Auge in Auge. Bernd Kreft, ein Vater, der in der AG hilft, ist der Mann mit Mikroskop und macht Unsichtbares sichtbar. Nicht nur er weiß, was alles in einem Wassertropfen aus dem Teich schwimmt.

Vanessa und Luisa rupfen Löwenzahn aus dem Boden. Dass die Pflanze lange Wurzeln hat, wissen beide genau. Sie nehmen deshalb eine kleine Schaufel zur Hilfe. „Ein Ziergarten ist das nicht“, sagt Christa Röhrscheid, die Brenn- und Taubnesselfelder duldet, damit Bienen und andere Insekten genügend Nahrung finden. „Trotz der fleißigen Schüler reicht die Gartenpflege oft nicht aus. Besonders jetzt im Frühling muss viel getan werden“, sagt Röhrscheid. Die Lehrerin arbeitet auch nach der Schule oder am Wochenende im Schulgarten.

Viele Projekte sind verwirklicht worden: „Wir haben mit dem Naturschutzbund Nisthilfen gebastelt, ein Bienenhotel und eine Totholzhecke gebaut“, zählt Röhrscheid auf. Eine herausragende Beobachtung im Garten sei die Geburt einer Libelle gewesen, die sie direkt verfolgt habe.

„Besonderen Spaß haben die Kinder immer an unserem Kirschkern-Weitspucken“, sagt Christa Röhrscheid. Bis dahin dauert es aber noch. Solange begeistert eben etwas anders im Garten. Beispielsweise der süße, glitschige kleine Molch, der für Sekunden in einer Kinderhand sitzt, von sechs Jungen und Mädchen gleichzeitig bestaunt wird und so etwas wie das Maskottchen des Schulgartens ist: „Das ist unser bestes Tier“, ruft Hamid. Er wird zu Hause — wie die anderen kleinen Gärtnermeister auch — wieder viel zu erzählen haben. Davon, was an der Schule im Grünen so wächst und kreucht und fleucht.

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