Ein Modellbauer aus Leidenschaft

Wolfgang Langmesser aus Willich schafft detailgetreue Anlagen für Eisenbahn-Liebhaber.

Willich. Wer die Kellertreppen hinabsteigt, sieht Züge. Züge, die 50 Jahre Eisenbahngeschichte widerspiegeln. Dort unten, am Ende der Stufen, wird Geschichte wiederbelebt. Im kalten Licht der Flurlampen glänzen Plastikschalen mit Miniatur-Bäumen, Grasfasern und verwitterten Holzhütten.

Im Raum nebenan scheint die Beleuchtung taghell, ein U-förmiges Holz-Skelett steht im hinteren Teil. Die Gleise liegen schon, Kabelbäume schlängeln sich entlang der Holzbretter. Jetzt fehlt noch der Überbau — die Landschaft und die Gebäude.

Daneben ein Mann, kantige Brille, ein Bart rahmt sein Gesicht ein: Wolfgang Langmesser. Er fuchtelt mit einem Zollstock herum und diskutiert dabei mit einem Freund, wo das nächste Stück Holz angebracht werden muss.

Wolfgang Langmesser ist 59 Jahre alt und der Mann, der die Geschichte wiederbelebt: Er baut professionell Modelleisenbahnen und gilt als einer der Großen der Branche. Er verkauft Zubehör, schreibt für Fachmagazine und gibt Seminare.

Langmesser und seine Frau leben davon. „Ich mache das aber, weil ich Spaß dabei habe“, sagt der Willicher und grinst. Mehrere Monate werkelt Langmesser an seinen Anlagen. Er plant, bastelt Gebäude, altert Gleise, baut die Anlage beim Kunden auf. „Bei einer guten Anlage muss eine Stimmung rüberkommen“, sagt er.

Früher arbeitete Wolfgang Langmesser als Abteilungsleiter in einem Konzern, der Bauteile für Kraftwerke verkaufte. Dann schmiss der Industriekaufmann seinen Job hin und machte sich selbstständig.

Mit einem früheren Hobby, dem Autorennfahren, hat Langmesser aufgehört, als er 40 wurde. Damals baute er noch ein eigenes Auto, verkaufte es, nachdem er zweimal damit gefahren war. Ihm war der Spaß vergangen. Dann entdeckte er Modelleisenbahnen für sich. „Ich musste etwas mit den Händen machen.“ Langmesser erwarb sich mit Veröffentlichungen in Fachmagazinen einen Namen, erste Aufträge für Modellbahn-Anlagen kamen.

Heute verkauft er viele seiner Anlagen an Kunden aus der Wirtschaft oder der Politik. Doch Namen seiner Kundschaft nennt er nicht. „Die Leute wollen ihr Hobby nicht öffentlich machen, Modelleisenbahner gelten ja immer noch als kindisch.“

Für Langmessers Modellwelten muss seine Kundschaft tief in die Tasche greifen. „Unter 3000 Euro pro Quadratmeter fange ich nicht an zu denken“, sagt er. Mehr als zehn Euro brutto pro Stunde verdiene er damit aber nicht.

Eine der fertigen Modellbahn-Anlagen steht im Eingangsbereich des Flachbaus, den Langmesser mit seiner Frau bewohnt. Eine Kanal- und eine Eisenbahnbrücke kreuzen einen grau-schimmernden Fluss. Darauf sind Kajaks unterwegs, der Rost frisst sich an manchen Stellen schon durch die stählernen Brücken. Im Hintergrund ist eine Raffinerie angedeutet — eine Ruhrgebiets-Kulisse.

„Mir macht es nichts aus, die Anlagen zu verkaufen“, sagt er. Denn Langmesser ist nur der Baumeister mit kaufmännischem Sinn. Er baut, verkauft, zieht weiter und sucht sich die nächste Baustelle. „Ich habe nie mit meinen Modelleisenbahnen gespielt.“

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