Willich „Dorfrichter Adam“ will endlich loslegen

Intendant Jan Bodinus, Michael Schanze und das gesamte Festspiel-Ensemble wollen beweisen, dass der Kleist-Klassiker „Der zerbrochene Krug“ bestens ins Heute passt.

Willich: „Dorfrichter Adam“ will endlich loslegen
Foto: Wolfgang Kaiser

Neersen. Erst „Volle Kanne“ im Düsseldorfer ZDF-Studio, dann „Der zerbrochene Krug“- Pressekonferenz in Neersen: Michael Schanze hat gestern Vormittag ein lückenloses Reklame-Programm für sein aktuelles Theater-Engagement bei den Schlossfestspielen absolviert. Nachmittags hatte er die erste komplette Durchlaufprobe als Dorfrichter Adam vor der Brust. Er wird den gestrigen Feierabend genossen haben.

Michael Schanze, kahlrasiert, über seine Hauptrolle in „Der zerbrochene Krug“

Die Premiere des Stücks ist in Sichtweite. Das Ensemble und der prominente Hauptdarstellen lassen sich ein bisschen hinter die Kulissen in den Gerichtssaal schauen.

Es ist ein Luststück, ein immerjunger, Macht-voller Klassiker, der auch 200 Jahre nach seiner Erstaufführung nichts von seiner Aussage-Gültigkeit verloren hat. Das Stück ist beim Publikum trotzdem noch kein Selbstläufer. Bodinus und Schanze hatten dies erwartet, glauben aber an die Klasse und die Qualität, an die Richter-Rolle und das eingeschworene Ensemble.

„Das Stück ist wie ein Wimmelbild“, schwärmt Bodinus. Man habe unheimlich viel zu sehen. „Das Schloss ist bestens geeignet, die Treppe ideal. Hier haben wir eine Breite an Möglichkeiten, um die damaligen Standesunterschiede und die Obrigkeitshörigkeit darzustellen.“ Die Dynamiken zwischen den Akteuren zu schaffen, das sei ein sehr spannender Prozess gewesen, sagt Bodinus, der Regie führt. „Die Bühne ruft nach diesem Stück!“

Und die Bühne ruft wieder nach Ausstatterin Silke von Patay. Sie hat sich für ein minimalistisches Bild entschieden. „Machtpositionen kann ich durch die Raumgestaltung verdeutlichen und über die Kostüme. Ich habe sie bewusst nicht ausschließlich historisch angelegt, sondern ins Heute gebracht.“ So soll das Stück auch verstanden werden - als aktuelle Botschaft.

Michael Schanze hat sie endlich in seiner Vita, die Rolle des Dorfrichters Adam, die Intendant Bodinus zu den Top 10-Rollen im Theater zählt. Er stellt sich der Aufgabe mit Haut und ohne Haar, lobt seine Mitspieler für ihr großartiges Rhythmusverständnis - quer durch alle Rollen. „Es macht Spaß. Dieses Stück ist lustig“, wiederholt Schanze. Er sehnt auch die Gunst des Publikums herbei, so scheint’s. Denn er hat sich in die Rolle und die Proben hineingehängt.

Man wünscht ihm, dass die Leute nicht mehr nur von den verlorenen Locken sprechen, sondern von dem Schauspieler, dem man von Kopf bis Fuß die Rolle abnimmt. Schanze: „Es ist etwas anderes in eine Klamotte zu schlüpfen, als so etwas zu tun“, sagt er über seinen neuen Look. Sein Frisör habe ihm geraten, schon vor der Premiere eine Zeit lang so herumzulaufen. Im Fernsehstudio hat er gestern seinen Hut gelupft, als der Einspieler der Rasur auf der Schlossbühne ausgestrahlt wurde.

Eine Kostprobe der Blankverse gibt er in der Pressekonferenz. Eine spontane Liebeserklärung an die starke Sprache von Heinrich von Kleist. „Ein Geschenk, dass man das spielen darf“, hatte Schanze am Morgen in der ZDF-Sendung gesagt, in der es um den TV-Klassiker „1, 2 oder 3“ ging, den Schanze mit Erfolg und Plop moderiert hatte. Er habe aber auch die Sprache auf Neersen bringen wollen, sagt Schanze. “ Gesagt, getan. Hinterher klingelte es bereits an der Festspielkasse.

Heinz-Hermann Hoff (Gerichtsrat Walter), Gideon Rapp als Schreiber Licht, Maria Arnold als Eve, Verena Wüstkamp als Marthe Rull, Holger Stolz als Ruprecht, Kay Szacknys als Veit Tümpel, Reinhild Köhncke als Frau Brigitte, Jennifer Tilesi Silke und Sylvia Schitter als Mägde sowie Sven Post als einsilbiger Büttel könen wie Schanze als Dorfrichter Adam den Beginn der öffentlichen Gerichtsverhandlung kaum mehr erwarten. Voller Einsatz für ein volles Haus. „Der zerbrochene Krug“ könnte nach derzeitigem Verkaufsstand den Festspielen einen neuen Zuschauerrekord bescheren. Aufs Urteil des Publikums darf man gespannt sein. Aber Scherben bringen ja bekanntlich. . .

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