Vorst Der ewige Streitschlichter von Vorst

Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist Udo Beine erst der zweite Schiedsmann in Vorst — das ist in NRW einmalig.

Vorst: Der ewige Streitschlichter von Vorst
Foto: Kaiser

Vorst. Die Vorster sind im Verbrauch von Schiedsmännern so sparsam wie kein anderer Bezirk in Nordrhein-Westfalen. Als Willi Schmitz nach Ende des Zweiten Weltkrieges das Amt antrat, stellte er sich nach den fünfjährigen Amtsperioden jedes Mal wieder zur Verfügung und wurde vom Rat der Stadt auch immer wieder aufs Neue in diesem Amt bestätigt. Mit seinem Nachfolger Udo Beine geht es in die gleiche Richtung. Im kommenden Jahr übt er das Amt seit einem Vierteljahrhundert aus.

„Vor 25 Jahren sprach mich Willi Schmitz an, der in unmittelbarer Nachbarschaft lebte. Er fragt, ob ich das Amt des Schiedsmannes nicht übernehmen wollte“, erinnert sich Beine und muss lächeln. Die Worte seines Vorgängers sind ihm noch genau im Ohr. „Mensch, Udo, ich beobachte dich schon eine Weile. Ich kann nicht mehr, du bist der Richtige“, hatte Schmitz ihm damals gesagt. Beine zögerte allerdings, sich für das Amt zu bewerben. „Ich bin ja kein Ur-Vorster, sondern ein Zugezogener. Ich hatte damals Bedenken, ob mich die Vorster akzeptieren würden“, sagt der gebürtige Oldenburger. Schmitz empfand das aber nur als Vorteil, da Beine damit in seinen Augen vollkommen unvoreingenommen war.

Der zugezogene Vorster erbat sich Bedenkzeit und sagte letztlich zu. Auch der Stadtrat stimmte zu und Anfang 1992 unterschrieb Beine den Schiedsmannvertrag. Nach einer entsprechenden Ausbildung startete Beine sein neues Ehrenamt am 15. Juni 1992. Konflikte lösen ist Beine mit in die Wiege gelegt worden. „In meinem Elternhaus gehörten Friedensfindung und Helfen zu den Grundwerten. Gemeinsam etwas erreichen, dass alle zufrieden stellt, war mir so schon immer wichtig“, berichtet der Diplom-Verwaltungswirt.

Udo Beine, gebürtiger Oldenburger

Beine war in jungen Jahren bereits Schul- und Jahrgangssprecher. Und auch im Handballverein war er derjenige, der versuchte, Konflikte zu lösen. Und das ist bis heute so geblieben. Neben seiner Ausbildung zum Schiedsmann ist der 65-Jährige auch zertifizierter Mediator.

Während seiner Schiedsamtstätigkeit für Vorst war er zudem zehn Jahre als Schöffe beim Landgericht in Krefeld aktiv. In seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Schiedsmann hat Beine so manche Kuriosität erlebt. Zu 60 Prozent ist es der Streit an der Gartengrenze, angefangen von der zu hohen Hecke über den Überwuchs bis zum Gartenhaus, das zu nahe am Zaun steht.

Pro Woche laufen durchschnittlich drei bis vier Bürgerkontakte bei ihm auf. Echte Schiedsverfahren, die bei ihm auch zur Verhandlung kommen, sind es pro Jahr zwölf bis 15. Wenn sich ein Bürger an ihn wendet, startet in der Regel alles zunächst mit einem Telefongespräch, bei dem der Vorster bereits Tipps zur Streitschlichtung gibt. „Wenn am Telefon der Satz kommt, dass jemand Probleme mit seinem Nachbarn hat, dann frage ich immer als erstes, ob man schon mit diesem gesprochen hätte. Oft ist ein Nein die Antwort“, berichtet Beine. Dreiviertel dieser Erstkontakte können beim Telefonat erledigt werden. Bei dem anderen Viertel sieht sich Beine die Sachlage vor Ort an und leistet Aufklärung.

Wünscht der Antragsteller eine weitere Verfolgung, so wird der Antrag für eine Schlichtungsverhandlung ausgefüllt. Beide Parteien erhalten eine Ladung mit einer Zustellungsurkunde.

Die Schlichtungsstelle ist das Privathaus von Beine. Dort setzt sich der 65-Jährige mit den beiden Parteien zusammen, hört zu und berät. Es kommt aber auch vor, dass sich die Parteien gemeinsam mit dem Schiedsmann am Ort des Streitauslösers treffen. „Mir ist wichtig, zwei Menschen, die sich streiten, wieder zusammen zuführen. Es ist schön, wenn ich daran mitgewirkt habe, dass sich zwei Parteien wieder vertragen“, sagt Beine. Kommt es einmal zu keiner Einigung, dann erhält der Antragsteller eine Erfolglosigkeitsbescheinigung, mit der er zum Gericht gehen kann. Doch das komme nicht oft vor.

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