CDU legt Nachtschicht ein

Die Willicher Christdemokraten besichtigen Betriebe, die die Nacht zum Tag machen.

Willich. Stille erfüllt den rund 300 Meter langen, gelb gestrichenen Flur der internistischen Abteilung. Die grün umrahmten Türen auf der linken Seite des Gangs sind alle geschlossen. Auch das Schwesternzimmer ist menschenleer. "Manchmal fühlt man sich hier schon ziemlich einsam. Deswegen bin ich auch für jede Abwechslung dankbar", flüstert Nachtschwester Gabriele Schäfer und lächelt in die weit geöffneten Augen der zehn CDU-Mitglieder, die sich in einem dichten Halbkreis um sie drängen.

Die Wanduhr zeigt 21.30 Uhr. Seit eineinhalb Stunden hat Gabriele Dienst. Um 6 Uhr zehn kann sie nach Hause gehen und sich schlafen legen - eine Uhrzeit, zu der die meisten Menschen gerade aufstehen. "Seit 22 Jahren arbeite ich zehn Nächte pro Monat hier, aber mein Körper wird sich nie daran gewöhnen", erzählt sie und zeigt lachend auf ihren Bauch. Irgendwie müsse sie sich die überschüssigen Pfunde ja erklären.

Der Besuch im Katharinen-Hospital Willich ist die erste Station der CDU-Nachtschicht-Aktion, die Aufschluss über nächtliches Arbeitsleben in Willich geben soll. Uwe Schummer, Hans Kothen, Dieter Lambertz, Nadine Caris, Isabella Fritsche, Marion Teuber-Helten, Christian Pakusch, Christoph Heyes, Bernard Henter und Guido Görtz machten sich von Montag, 21 Uhr, bis Dienstag, 9 Uhr, auf eine Reise durch zehn verschiedene Unternehmen und Berufsbereiche.

"Außer dem Besuch beim Krankenhaus waren wir noch im Tiefkühlhaus der Firma Könen Tiefkühl Service (KTS), bei der Polizei- sowie der Rettungswache, der Bäckerei Greis, dem Sicherheitsdienst Hallmann, in der Redaktion der Welle Niederrhein und auf dem Berderhof in Schiefbahn", erklärt Guido Görtz, Pressesprecher der CDU beim Fazit für diese Aktion.

"Diese Menschen, die dafür sorgen, dass wir morgens Brötchen frühstücken können, die Zeitung auf dem Tisch liegt und unsere Sicherheit gewährleistet ist, verdienen all unsere Anerkennung und müssten mehr im Kegel des Lichts stehen", erklärt Uwe Schummer, Bundestagsabgeordneter des Kreises Viersen. Er habe viel aus dieser Nacht mitgenommen, was er auch in Berlin anbringen könne. "Die Rettungsassistenten haben uns zum Beispiel darauf hingewiesen, dass sie mehr Weiterbildungsperspektiven brauchen", erzählt Schummer. Er werde sich deshalb für eine Position zwischen Rettungsassistent und Notarzt einsetzen.

Wichtig sei aber vor allem, dass man sich den Selbstverständlichkeiten des Alltags stelle und sie danach bewusster wahrnehme, so Goertz. Dieter Lambertz, Ratsmitglied und stellvertretender Fraktionsvorsitzender CDU, ergänzt: "Wenn man von der Arbeit des anderen weiß, dann achtet man sie viel mehr und bringt größeres Verständnis auf, wenn etwas mal nicht so hundertprozentig klappt."

Zwischen Eiszapfen, die von den Wänden hängen und weißem Nebel, der die blauen Regale voller Tiefkühlware umhüllt, fährt Andreas Rotzek gewöhnlich mit einem Gabelstapler umher und bringt seinem Kollegen Paletten voller Pakete, die in LKWs geräumt werden müssen. "Heute Nacht müssen wir 18 Wagen beladen, damit sie Morgen direkt rausfahren können", erklärt der 40-Jährige, der jetzt, um 22.20 Uhr, seine Arbeit ruhen lässt, um den CDU-Mitgliedern von seinen Nachtschichten zu erzählen. Seit 19 Jahren arbeitet er für Könen Tiefkühl Service (KTS), seit eineinhalb Jahren nur nachts, von 20 Uhr abends bis halb fünf morgens. Und das fünf Tage in der Woche. "Um 10 Uhr gehe ich dann meistens schlafen und stehe um 17 Uhr wieder auf", erzählt der Lagerarbeiter.

Weder die nächtliche Arbeit noch die Temperatur von minus 25 Grad machen ihm etwas aus. Seinen Urlaub habe er aber trotzdem lieber im sonnigen Bulgarien verbracht. "Nach Alaska würde meine Frau nicht mitkommen", lacht Rotzek, während er sich wieder auf den roten Gabelstapler setzt und seinem Kollegen zuruft, es könne weitergehen.

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