Bäckerei: Zuckerguss für süße Semmeln

Kein Job für Langschläfer: Wer anderen Brötchen backt, muss in der Nacht hellwach sein. Eine Stunde war die WZ bei Steeg dabei.

St. Tönis. Es ist fünf Uhr. Azubi Jens Bethge kommt in die Backstube der Bäckerei Steeg und löst den Gesellen Jörg Gründemann an der Brötchenstraße ab. Dort werden kleine Teiglinge automatisch rund und lang gemacht und rotieren auf Bändern in dem gläsernen Kasten. In dem herrscht das richtige Klima fürs Aufgehen.

Die ersten Kunden kommen um kurz nach fünf durch die Hintertür, legen Münzen auf den Tisch, nehmen sich eine Tüte und befüllen sie mit Brötchen. Die Männer in der Backstube nicken ihnen zu. Ihre Arbeit unterbrechen sie nicht.

Meister Michael Fox ist seit halb zwei da. Er steht am Ofen und schiebt die Rosinenbrote rein. Das geht fix. Mit Links stellt der Bä-ckermeister die Formen ins Ofenfach, die Rechte schiebt sie mit einer Stange zwei Meter weit ans Ende des Faches. In fünf Minuten sind sieben Fächer des Ofens voll.

Jens holt die Brötchen-Teiglinge aus der Straße, die automatisch mit dem Schnitt versehen wurden. Ihre Oberfläche ist trocken und leicht gespannt. Sie fühlen sich weich und fluffig an. Angenehm. Er schichtet sie auf Brötchendielen, stapelt die in eine Stellage. Ruckzuck ist die von oben bis unten voll. Jetzt zieht er eine Plane darüber, schließt sie mit Reißverschluss und schiebt sie zur Seite.

"Drei, vier Stunden Schlaf reichen mir", sagt Michael Fox. Das erklärt, warum er ziemlich ausgeschlafen aussieht. Gar nicht wie einer, der abends um acht ins Bett muss. "Früher sind wir manchmal direkt von der Kneipe in die Backstube. Aber das mache ich nur noch an Altweiber."

Mohammed Nasir steht an einem Tisch und pinselt mit Feuereifer Zuckerguss auf Berliner. Meister und Inhaber Stefan Steeg bedient die Teigrührmaschine. Die fasst momentan 50 Kilogramm Mehl. 40 Liter Sauerteig, Wasser. Diese Grundzutaten werden per Knopfdruck zugefügt. Ein Computerausdruck mit dem Rezept liegt vor ihm. Er wiegt Hefe ab, gibt sie in die Schüssel. Schließt den Deckel, lässt den Knethaken rotieren. Es ist zehn nach fünf.

Viertel nach fünf kommt Chefin Doris Steeg in den Laden. Nimmt die Sesambrötchen aus der Stellage und schichtet sie auf ein Blech, auf dem sie in die Verkaufstheke gestellt werden. Dann die Mohnbrötchen. Nach und nach kommen die anderen Verkäuferinnen. Der Laden wird aufgeschlossen. Um halb sechs geht’s Licht an. Heike Härtel, Verkäuferin in der Filiale am Rathaus, lädt Brötchendielen in den Firmenbus. "Die Praktikantin hat angerufen. Sie bricht ab." Die Chefin bedauert das. Jetzt geht die Suche fürs nächste Ausbildungsjahr von vorne los.

Stefan Steeg fasst durch eine Luke im Deckel der Knetmaschine auf den Teig, prüft die Konsistenz, greift in eine Schüssel mit Mehl und gibt etwas in den Teig. Der darf nicht zu trocken und nicht zu feucht sein. Das Gefühl dafür bekommt man mit der Zeit. Jörg Gründemann ist an den Tisch getreten, an dem der Chef arbeitet. Der hat den Sauerteig aus der Knettrommel geholt und in einen Trichter gefüllt. Er führt in eine Maschine, aus der die erste Teigportion für das 1000 Gramm Sauerteigbrot kommt. Die legt er auf die Balkenwaage am Tisch und justiert die Maschine nach.

Gründemann schnappt sich die Teigbatzen, knetet sie nochmal durch. Hinter ihm eine Stellage. Auf Hüfthöhe rechts und links zwei ausgeklappte Arme, auf denen einer der Böden abgelegt wurde. Die bestreut er mit Mehl, darauf kommen die Brotportionen. Es ist zehn vor sechs.

Fox holt die Weißbrote, Rosinenbrote und Pottwecken aus dem Ofen. "Halbe Stunde. Bei 170, 180 Grad." Jetzt bleibt der Ofen kurz leer. Bis er fürs Roggenbrot auf 230 Grad hochgeheizt hat. "Die Temperatur führt jeder Bä-cker anders. In jedem Betrieb sind Sie erst wieder Lehrling." An seinem Beruf, den er bei Steeg seit 15 Jahren macht, mag er die Vielseitigkeit. "Schwach dürfen Sie nicht sein" - das frühe Aufstehen, die Wärme in der Backstube. Die Arbeitsabläufe sind verzahnt, kein Leerlauf, keine Pause. Sechs, sieben Tage die Woche. "Sonntags ist es besonders schön. Da habe ich die Backstube für mich alleine."

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