Ausgrabungen: Skelette im Kirchenboden

Bei den Umbauarbeiten in der Neersener Pfarrkirche sind Knochen aus der Zeit vor 1659 gefunden worden.

Neersen. „Die Skelettteile wirken in natura weit weniger unheimlich, als oft in Filmen dargestellt“: Pfarrer Markus Poltermann hat sie gesehen, die Knochen Verstorbener — gefunden bei Bauarbeiten — unter dem Fundament der Neersener Pfarrkirche.

Die Gebeine der „Neersis“, wie die gefundenen Überreste verstorbener Neersener getauft wurden, werden zurzeit auf ihr Alter hin untersucht. Archäologe Stefan Graßkamp (45) von der Firma „archaeologie.de“ in Duisburg wird die Altersbestimmung anhand der radioaktiven Kohlenstoffisotope in den Knochen bestimmen. Insgesamt stieß er auf Teile von acht Skeletten. Auch Mauerreste der Vorgängerkirche und des Klosters hat er freilegen lassen. „Das Klostergebäude ist um 1659 errichtet worden“, sagt Graßkamp.

Ein Teil des Gewölbekellers liegt jetzt ebenfalls frei. Da der alte Friedhof sich auf der heutigen Straße „Minoritenplatz“ befunden hat, geht der Archäologe davon aus, dass die Menschen, deren sterbliche Überreste jetzt gefunden wurden, schon vor dem Bau des Klosters im 17. Jahrhundert beerdigt wurden. Den guten Zustand der Knochen führt er auf die konservierenden Eigenschaften des kalkhaltigen Bodens zurück.

Gut einen Meter sind die Mauerüberreste des alten Klosters dick. Der Bau von Kirche und Kloster geht zurück auf eine Stiftung von Schlossherr Adrian Wilhelm von Virmond. Auch die genaue Zeit ist bekannt. Die Stiftungsurkunde datiert vom 25. März 1652.

Markus Poltermann, Pfarrer in Neersen

Wolfgang Boochs, Kunst- und Heimatkenner, weiß zu berichten, dass die Weihe der Kirche am 17. Juni 1671 erfolgte. Kirche und Kloster waren einfach und schlicht gehalten. Und er geht davon aus, dass unter der Bodendecke der Pfarrkirche noch etliche weitere Skelette ruhen, denn: „Einwohner von Neersen konnten sich im 18. Jahrhundert gegen Zahlung von 20 Reichstalern in der Klosterkirche begraben lassen.“

Mit der Eroberung der Region durch die Truppen Napoleons im Jahr 1794 zogen schwere Zeiten für Kloster und Kirche auf. Im Rahmen der Säkularisation schloss das Kloster 1802 seine Pforten. Schon 1878 fand man bei Umbauarbeiten an der Kirche in einem Gewölbe gut erhaltene Leichen in Eichensärgen.

Pfarrer Markus Poltermann schaut noch einmal in eine der gut zwei Meter tiefen Ausgrabungen. Er macht auf einen Unterschenkelknochen aufmerksam, der ein Stückchen aus dem lehmigen Boden herausragt. Er ist zu fest mit der Erde verankert, als dass man ihn einfach rausziehen könnte.

Die Ausgrabungen sollen nach Abschluss der Untersuchungen so schnell wie möglich wieder verfüllt werden. Schließlich sollen die Umbauarbeiten an der Kirche zügig fortgesetzt werden.

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