Willich Alleeschule steht zum Verkauf

Der Xcom AG ist die ehemalige Knabenschule zu klein geworden. Das aufwändig sanierte Gebäude soll 1,15 Millionen Euro kosten.

Willich: Alleeschule steht zum Verkauf
Foto: Lübke

Anrath. Diese Nachricht hat in Anrath blitzschnell die Runde gemacht: Die Alleschule steht zum Verkauf. Im Internet wird das erst 2014 von der Xcom AG gekaufte und anschließend aufwändig sanierte Gebäude für 1,15 Millionen Euro angeboten. „Denkbare Nutzungen sind beispielsweise: Senioren- oder Gemeinschaftswohnen, ein Seminarhaus oder Schulungszentrum, Praxen, Büroräume oder als Firmensitz“, heißt es in der Anzeige eines Mönchengladbacher Makler-Unternehmens.

Gerüchte darüber, dass die Xcom die erst 2015 bezogene Schule wieder verlassen will, gibt es, seit das Unternehmen im gleichen Jahr von der Frankfurter FinTech Group übernommen wurde. Erst vor drei Wochen hatte Roman Keßler, Pressesprecher des Konzerns, auf Nachfrage der WZ erklärt, die Xcom werde Anrath nicht verlassen, das mache aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn.

Gestern nun nannte Keßler alternative Fakten. Man habe stets ein „Bekenntniss zur Region“ abgegeben, in der man mehrere Niederlassungen besitze: „Es wäre schön, diese zusammenzuziehen.“ In Willich ist die Xcom auch an der Bahnstraße 37 vertreten, eine weitere Konzerntochter, die Bank für Investments und Wertpapiere (biw), hat ihren Sitz im Haus Broich.

Aktuell sind rund 150 Mitarbeiter auf diese Standorte verteilt. Der Mietvertrag im Haus Broich läuft im Verlauf des Jahres 2018 aus. Der Standort Alleeschule (knapp 1000 Quadratmeter) sei zu klein geworden ist, so Keßler. „Der Verkaufsprozess dürfte aber noch eine Weile andauern. Wir sind schon seit längerem in Gesprächen mit der Stadt, um — gerne in Willich — einen neuen Standort zu finden. Wir schauen uns aber auch geeignete Objekte in der näheren Umgebung und in Nachbargemeinden an.“

Bürgermeister Josef Heyes erklärte dazu: „Die Xcom untersucht drei Alternativstandorte, einer davon befindet sich in Willich. Wir hoffen, dass die Entscheidung zu unseren Gunsten ausfällt — schon um die Arbeitsplätze zu halten.“ Das Unternehmen könne diesbezüglich mit der Unterstützung der Stadt rechnen.

Die CDU hatte im Dezember 2013 im Stadtrat den Verkauf der Alleeschule an die Xcom durchgesetzt — gegen die Stimmen von SPD, FDP und Grünen. Diese hatten sich für den Plan der damals gegründeten „Anrather Köpfe“ eingesetzt, die Schule zu einem Bürgerzentrum zu machen. Gegen diesen Plan, für den rund 1000 Unterschriften gesammelt wurden, gab es vor allem finanzielle Bedenken, die Ratsherr Dieter Lambertz (CDU) bis heute für gültig hält: „Das Ganze wäre für die Stadt nicht bezahlbar gewesen.“ Er erinnert in dem Zusammenhang daran, dass der städtische Haushalt in den vergangenen Jahren mehrfach ein dickes Minus ausgewiesen habe.

Auf der anderen Seite soll die Xcom mehr als eine halbe Million Euro in die Sanierung gesteckt haben. Zuvor musste sie mehr als 700 000 Euro als Kaufpreis an die Stadt zahlen. An den Verkauf wurden Bedingungen geknüpft. So darf die prägende Fassade nicht verändert werden. Das gilt auch für einen neuen Eigentümer, erklärte Josef Heyes gestern.

Markus Gather (SPD), stellvertretender Bürgermeister der Stadt, hatte die Xcom als neuen Eigentümer der alten Schule damals persönlich begrüßt — und dafür viel Kritik einstecken müssen. Gehörte er doch zuvor zu den „Anrather Köpfen“. Seine Erklärung damals lautete: „Gerne hätten wir das Gebäude weiter in öffentlicher Hand gesehen. Jetzt, wo aber die Faktenlage so ist, möchten wir deutlich machen, dass wir natürlich die Chancen für den Stadtteil durch den Einzug der Xcom sehen.“

Gestern zeigte sich Gather „schockiert“ von der Nachricht, dass für die Alleeschule wieder ein Käufer gesucht wird. „Jetzt läuft die ganze Sache Gefahr, dass genau das geschieht, was wir damals befürchtet haben.“ Denn der Verkauf mache den Weg frei für die optische Veränderung des Gebäudes — oder gar einen Abriss.

Dieser These widerspricht nicht nur Dieter Lambertz: Zwar sei es schade, wenn die Xcom Anrath verlasse. Doch den Abriss eines frisch sanierten Gebäudes mit einem Wert von weit mehr als einer Million Euro werde es ganz sicher nicht geben. Auch Kämmerer Willy Kerbusch glaubt, dass es Interessenten für die Alleeschule geben werde.

Wer auch immer das Gebäude kauft — die Stadt wird es kaum sein. „Dazu sehe ich keine Chance“, sagte Kerbusch auf Anfrage der WZ. Mal ganz abgesehen vom Kaufpreis und der schwierigen Finanzsituation der Stadt erinnerte er an bleibende jährliche Folgekosten: „Gut 100 000 Euro sind da realistisch.“ Die Stadt könne sich ein so teures Bürgerzentrum in einem Stadtteil nicht leisten.

Falls die FinTech-Group in Willich bauen will, um für ihre Töchter eine neue Heimat zu schaffen, könnte sie bei Willy Kerbusch, der auch Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft ist, aber Unterstützung finden: „Ein Grundstück ist sicher vorhanden.“

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