Als Volunteer im Einsat Viersenerin hilft bei der Ski-WM in St. Moritz

Katrin Müller, leitende Apothekerin am Allgemeinen Krankenhaus in Viersen, verbringt ihren Urlaub in der Schweiz. Freizeit ist das nicht: Sie ist als Volunteer im Einsatz, kontrolliert an Zugängen auch die Sportstars.

Viersen/St. Moritz. Vor einer Woche hat sie in Viersen ihre Koffer gepackt, ist in Düsseldorf in den Flieger nach Zürich gestiegen und von dort mit der Bahn nach St. Moritz weiter gereist, in einen der bekanntesten Wintersportorte der Welt.

Katrin Müller, 43, im „geregelten“ Alltag leitende Apothekerin im Allgemeinen Krankenhaus Viersen, hat für zwei Urlaubswochen ihren weißen Kittel gegen eine blau-gelbe Ski-Uniform eingetauscht. Sie ist nun freiwillige Helferin im Ski-Zirkus. Eine Fränkin mit Wohnsitz am Niederrhein schnuppert Ski-WM-Atmosphäre im Schweizer Kanton Graubünden.

„Sprache und Sprachbarriere — dazu habe ich bereits viel gelernt“, sagt Müller nach einigen Tagen Eingewöhnung. „Die Annahme, dass man sich als Deutsche unkompliziert in der deutschsprachigen Schweiz verständigen kann, ist ein Trugschluss.“ Die Schweizer sprächen nur Schweizerdeutsch. Hochdeutsch lernten sie erst in der Schule und werde von ihnen eher wie eine Fremdsprache empfunden. „Es passiert aber auch, dass sich die einzelnen Schweizer Dialekte untereinander auch nicht immer verstehen.“

Die Fränkin musste erfahren, dass der Weißwurst-Äquator nichts Einzigartiges ist: „Wir haben die Rechnung ohne den Rösti-Graben der Schweizer gemacht. Er trennt die eher deutsch sprechende von der eher französisch sprechenden Bevölkerung.“

Vom Sprachengewirr zum Skigeschehen. Katrin Müller schwärmt: „Ich habe einen der besten Jobs, den man hier haben kann. In der Security (Sicherheit).“ Ihre Einsatzgruppe stehe an allen Ein- und Ausgängen im Zielgelände. Dazu gehören auch die Zugänge für Presse, Trainer und die Sportler selbst. „Das Tolle an diesem Einsatz ist, dass man sehr nah am Geschehen und an den Sportlern ist und die Rennen verfolgen kann.“

Die Viersenerin nutzt jede freie Gelegenheit zum Skifahren. „Über die beiden WM-Strecken der Frauen und Männer verläuft ein Sessellift, der während der WM vom normalen Skipublikum genutzt werden kann.“ So durchmischen sich rund um die Lifte immer wieder Aktive mit Normal-Skifahrern. „Man trifft die Sportler, Trainer und Betreuer im Lift, in der Gondel und auf der Piste. Heute, auf dem Ziehweg ins Tal, hat mich Andreas Sander, Siebter im Super G, überholt.“

Vieles lässt Katrin Müller staunen. „Das Starthaus der Damenstrecke wird von einer Kamera gefilmt, die auf dem gegenüberliegenden Berg ist“, erzählt sie. Man müsse sich das mal auf einer Karte ansehen, welche Distanz dazwischen liegt: „Hammer!“ Dort oben sitze ein Kameramann, der mit dem Helikopter hingebracht und später wieder abgeholt werde. „Auch der Fall, dass der Heli ihn wegen schlechten Wetters nicht mehr abholen kann, wurde bedacht: Es gibt einen kleinen Übernachtungs-container mit etwas Essen und Trinken und einer Schlafmöglichkeit.“

Insgesamt, sagt Müller, „sind hier 1300 Voluntari“. Täglich werde deren Einsatz sowohl vom Stadionsprecher als auch im Schweizer Fernsehen explizit erwähnt und gewürdigt. Immer mit den Worten: „Ohne die ganzen freiwilligen Helfer, die ihre Freizeit, ihren Urlaub opfern, wäre die ganze WM nicht möglich.“ Das, sagt die Viersenerin im Engadin, „fühlt sich jeden Tag wieder gut an. Es gibt einem das Gefühl, nicht nur selbst ein unvergessliches Erlebnis mitzunehmen, sondern auch wirklich etwas zurück zu geben.“

1400 Soldaten unterstützen die Ausrichtung der Alpine World Ski Championships in St. Moritz 2017. Katrin Müller: „Ich hatte Gelegenheit mich mit einem jungen Soldaten zu unterhalten. Er hat mir erzählt, unter welchen Bedingungen sie momentan in ihrer Kaserne wohnen. Normalerweise hätten sie Stockbetten. Für die Zeit jetzt wurde mit Holzbalken noch eine dritte Ebene eingezogen, um Schlafplatz für weitere Soldaten zu schaffen.“ Als besonders schlimm empfinde er jedoch die Situation, sich mit 20 und mehr Leuten eine Steckdose teilen zu müssen.

Viele Leute hat Katrin Müller in den ersten Tagen bereits kennengelernt. Heute, erzählt sie, habe sie mit einem Mann zusammengearbeitet, der ein guter Freund von Ex-Borusse Lucien Favre sei, so wie dieser ein Trainer, auf jeden Fall bei der UEFA tätig. „Ein sehr interessanter Gesprächspartner.“

Die meisten anderen Voluntari, mit denen sie bisher zu tun hatte, stammten aus allen Winkeln der Schweiz. „Aber auch Österreicher und Deutsche sind dabei. Und ein in Genf lebender Russe ist in meiner Truppe.“

St. Moritz kannte Katrin Müller vorher nur von einem kurzen Zwischenstopp nach einer Italienreise im Sommer. Es sehe sich als die Wiege des Wintersports und sei darauf auch sehr stolz. „Auch darauf, dass es schon mehrfach WM-Austragungsort und Olympia-Stätte war.“

Allerdings leide, so ihr Eindruck, der Ort in den letzten Jahren zunehmend unter seinem noblen und mondänen Ruf. „Die „normalen“ Touristen bleiben immer mehr aus. Und nur mit dem reichen Jetset wird wohl nicht genug Geld verdient.“

St. Moritz hat nur knapp mehr als 5000 Einwohner. „Wenn man sich jetzt aber ein kleineres, gemütliches Bergdorf vorstellt, dann ist das völlig falsch“, sagt Katrin Müller: „Geht man durch die Innenstadt und die Fußgängerzone, kommt man sich vor wie auf der Kö in Düsseldorf. Nur mit Bergen.“

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