Viersen: Sohn ersticht Mutter – schuldunfähig

Streit, ob Täter aus der Klinik entlassen werden durfte.

Viersen. Benjamin R. (28) aus Viersen lebt in einer eigenen Welt. Warum er am Donnerstag seine Mutter (63) mit 20 Messerstichen tötete und auch den Familienhund erstach, wird er den Ermittlern wohl nie erzählen können. Benjamin R. glaube, dass seine Mutter noch lebt, so Mordkommissionsleiter Ingo Thiel.

R. war erst einen Tag vor der Tat aus der Süchtelner Klinik des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) entlassen worden. Dort war er laut Thiel "Drehtürpatient" - kaum draußen, schon wieder drin. Von November bis März hatte R. fast fünf Monate in dort verbracht - auf eigenen Wunsch. Nun wollte er nicht bleiben. Deshalb hatte sein Betreuer beantragt, dass er zwangsweise dort behalten werden sollte. Die Klinik hatte diesen Antrag mit einem Attest untermauert - und einem Gespräch der behandelnden Ärztin mit dem Richter beim Vormundschaftsgericht.

Darüber, wie dieses Attest zu verstehen war, gehen die Meinungen beim LVR und beim Gericht auseinander. "Aus dem ärztlichen Attest ergibt sich lediglich, dass eine erneute stationäre Behandlung zur Wiedereinstellung der Medikation erfolgen sollte. Zu einer vom Gesetz geforderten Gefahr der Selbsttötung oder der Zufügung erheblicher gesundheitlicher Schäden, die Voraussetzung der Genehmigung einer zwangsweisen Unterbringung ist, ergibt sich aus diesem Attest nichts", heißt es in einer Presseerklärung des Gerichts.

Der Landschaftsverband hat einen Satz aus dem Attest freigegeben: "Daher ist eine erneute stationäre Behandlung zur Wiedereinstellung der Medikation unter geschlossenen Bedingungen erforderlich, um ( ) eine Gefährdung des Patienten durch seine chaotischen Verhaltensweisen zu verhindern." Klar ist aber, dass keiner der Ärzte eine Fremdgefährdung in Betracht zog.

Benjamin R. ist inzwischen in einer Klinik des LVR in Essen untergebracht. Staatsanwalt Stefan Lingens geht davon aus, dass der 28-Jährige schuldunfähig ist. Das bedeutet: Statt einer Anklage würde es ein Sicherungsverfahren geben, um R. dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung unterzubringen.

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