Viersen: Der Heimat-Pfleger

Albert Pauly ist seit über 25 Jahren Vorsitzender des Heimatvereins – mit Hang zur Modernen Kunst.

Viersen. Ein Billard-Tisch dominiert das Wohnzimmers des Paulyschen Anwesens im Rahser. "Das war mein langgehegter Wunsch", bekennt Dr. Albert Pauly. Ein Geschenk seiner Frau Agnes, die ihn nur unter der Bedingung erfüllen wollte, dass er irgendwo am Rand des großen Raumes platziert werde. Irgendwo zwischen Antik-Möbeln, die zum gemütlichen Sitzen einladen, und der vielen Kunst. Aber als er geliefert wurde, hätten die Träger des tonnenschweren Ungetüms nur einen einzigen möglichen Platz ausgemacht, nämlich direkt in der Mitte, erzählt das Paar.

Aktive Teilnahme am Ortsgeschehen

Ein Teil der Kunstwerke stammt von Agnes Pauly. Die Xantenerin hatte früher eine "Kunststube" an der Hauptstraße. Dort fand beispielsweise das erste Treffen mit Gernot Rumpf statt, dem Bildhauer, der den Remigiusbrunnen schuf.

Frau Pauly übernimmt es, den Besuch munter plaudernd durchs Haus zu führen. "Hier, die ganzen Akten, alles Heimatverein", weist sie auf Wände voller Ordner. "Da muss er dringend mal aufräumen!"

Jetzt, nach der Pensionierung, wird der ehemalige Vorsitzende Richter des Landesarbeitsgerichts in Düsseldorf hoffentlich die Zeit dafür finden. "Eigentlich wollte ich nie Richter werden", kommentiert er in ruhigem Ton mit gleichbleibender Satzmelodie seine Berufswahl - und serviert den Milchkaffee mit einer wunderbaren Schaumhaube.

Aber weil Arbeitsrichter ihre Prozesse so führen sollten, dass die Parteien trotz ausgetragenen Streits wieder zusammenarbeiten können, hat ihn die Aufgabe fasziniert. "Ich hatte die höchste Vergleichsquote", sagt er nicht ohne Stolz.

Mit Gelassenheit hört er darüber hinweg, wenn der "Verein für Heimatpflege Viersen", dem er seit 26 vorsteht, kurz und lapidar "Heimatverein" genannt wird. "Wir haben uns eine ganze Vorstandssitzung lang mit dem Namen beschäftigt", erzählt er. Kulturverein, Geschichts- und Kunstverein - das alles schien den Mitgliedern zu kurz gegriffen.

"Vor kurzem habe ich ein Zitat von Alfred Polgar gefunden", sagt der aus Anrath stammende Sohn eines Organisten. Es lautet: "Die Heimat ist uns fremd geworden, und das Fremde ist uns noch nicht zur Heimat geworden."

Paulys Verein organisiert unter anderem Mundartwettbewerbe für Kinder und Stadtführungen. Doch schon mit dem Einsatz für die Generatorenhalle und das Jugendstilbad mischte man sich in Belange des Städtebaus - und damit der Politik - ein.

"Die Bürger waren es satt, dass so viel abgerissen wurde", sagt der Vorsitzende. Der Heimatverein verlieh den Stimmen ein Gewicht. Pauly: "Wir haben immerhin 905 Mitglieder und die Zahlen steigen." 224 waren es zu Beginn seiner Amtszeit.

Was man weniger bei einem "Heimatverein" vermutet, ist das Engagement für Moderne Kunst: In Viersen begründetet man einen Skulpturenpark von internationalem Rang. Mit der Monumentalplastik New Star von Mark di Suvero, einer Schlüsselfigur der amerikanischen Nachkriegskunst, wurde eine hitzige Diskussion um den Sinn und die Ästhetik dieser Kunstform losgetreten. "Heimat muss auch offen für Fremdes und Neues sein", sagt Albert Pauly.

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