Stille am Teich: 100 Frösche weg

Einbrecher in Jugendwerkstatt des Kreuses Viersen. Bangen um das Überleben der Tiere.

Kreis Viersen/Brüggen. Montagmorgen, kurz nach acht: Vera Böhmer, Gärtnermeisterin und Werkanleiterin in der Jugendwerkstatt des Kreises Viersen in Brüggen-Bracht schließt das Tor zu dem 5400 Quadratmeter großen Gelände auf, wo Jugendliche auf Arbeit und Beruf vorbereitet werden. Es ist verdächtig still. Denn im Feuchtbiotop leben 100 Frösche — Laub- und Teichfrösche, die Böhmer vor kurzem noch gezählt hat. Normalerweise begrüßen sie morgens jeden mit einem Quak-Konzert.

Schon der erste Blick zeigt, dass etwas nicht stimmt. Vor dem Teich liegen vertrocknete Algen und Kieselsteine. Auf Seerosenblättern hocken zwei eingeschüchterte Teichfrösche und geben keinen Mucks von sich. Die Kriminalpolizei sichert Spuren: Die Diebe kletterten komplett in den Teich hinein und nutzten zwei Eimer, die auf dem Gelände standen, um die Tiere zu fangen. Womit die Käscher ihre Beute abtransportiert haben, ist unklar.

Auch ein Rätsel: Wie kamen sie auf das Gelände, das von einem 1,80 Meter hohen Zaun umgeben ist? Es gibt nur eine kleine Lücke im rückwärtigen Bereich hinter dem Kompost. Aber die kennt kaum jemand, außerdem stehen dort Brennnesseln. Experten glauben, dass der Froschfang nur nachts gelungen sein kann, am Tage hätten die Tiere zu viele Rückzugsmöglichkeiten.

In Krefeld soll vor einiger Zeit ein genervter Nachbar mit einem Gewehr Jagd auf Frösche gemacht haben. An einen Täter aus der Nachbarschaft mag Vera Böhmer aber nicht glauben. „Wir haben ein gutes Verhältnis zu allen ringsum, die Menschen der Lebenshilfe, die Kinder aus Schulen und Kindergärten, alle mögen unsere Frösche.“ Aber quaken, das tun sie natürlich.

„Jetzt ist Paarungszeit, da fechten sie Revierkämpfe aus und balzen“, erzählt einer der Jugendlichen, der schon einmal ein Referat über die Tiere geschrieben hat. Für Böhmer sind die Frösche oftmals der Schlüssel zum Herzen ihrer Jugendlichen, die vielfach eine Odyssee hinter sich haben, wenn sie hier ankommen. „Wenn sie dann einen Frosch auf der Hand haben, tauen viele auf“, sagt die Werkanleiterin.

Entsprechend entsetzt sind sie und ihre Jugendlichen. „Es geht nicht nur um unsere Arbeit hier, es geht auch um das Leben der Tiere.“ Denn sie ist überzeugt, dass sie in anderer Umgebung sterben würden. „Hätte sie jemand in der Nähe ausgesetzt, wären sie schon wieder hier“, ist sie überzeugt. Denn Frösche suchen sich ihren Lebensraum selbst, man könne sie nicht einfach umsiedeln.

Den Gedanken, ihre Tiere könnten irgendwo als Froschschenkel auf Tellern gelandet sein, mögen Böhmer und die Jugendlichen gar nicht zu Ende denken. Die Polizei sucht nun Zeugen, denn der Diebstahl ist nicht nur ein Einbruch, sondern auch ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz.

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