Schwalmtal: Urteil im Kent-School-Prozess

Drogen-Plantage: Der Verwalter der Gebäude und sein Sohn bekamen Bewährungsstrafen.

Schwalmtal. Mit Bewährungsstrafen sind der Verwalter der Kent-School, ein 58-jähriger Schwalmtaler, und sein 30-jähriger Sohn davon gekommen. "Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen" - mit diesem Wörterwurm, in dem bei dem Sohn noch "bandenmäßig" steht, verurteilte das Gericht den Jüngeren zu zwei Jahren auf Bewährung, den Älteren zu einem Jahr.

Als Bewährungsauflage muss der 30-Jährige 5000 Euro Geldstrafe zahlen - monatlich 200 an einen Kindergarten und ein Heim in Mönchengladbach. Sein arbeitsloser Vater soll 250 Arbeitsstunden leisten. Außerdem müssen beide die insgesamt 30 000 Euro abliefern, die sie von den Drogenhändlern als Miete erhalten haben.

Im April hatte die Polizei von Kollegen aus Belgien den Tipp bekommen, dass sich in dem leerstehenden Gebäude, das gelegentlich von Grusel-Touristen heimgesucht wird, eine Cannabis-Plantage befinden soll. Der Überflug mit einer Wärmebildkamera ergab tatsächlich große Wärmeentwicklung, die Polizei griff zu: 1761 Cannabispflanzen wuchteten die Beamten aus den professionell ausgestatteten Kellern hoch.

Gezielt, so sieht es der Richter, hatten niederländische und belgische Drogenhändler den Sohn angesprochen, um die Kellerräume in den verfallenen Gebäuden anmieten zu können. Da die Familie nach dem Niedergang ihres Bauunternehmens unter Geldproblemen gelitten haben soll, ließ er sich darauf ein.

Der Angeklagte habe gewusst, was dort passiert, machte der Richter deutlich, der strafmildernd zugute hielt, dass dieser sich bisher nie etwas hatte zuschulden kommen lassen und sich in der Befragung durch die Polizei sehr schnell entschlossen hatte, "offen und freimütig" zu erzählen.

Auch den belgischen Ermittlern soll er mit Foto-Identifizierungen geholfen haben, die eigentlichen Drogenhändler zu schnappen. Sowohl in Belgien als auch in den Niederlanden laufen inzwischen Verfahren. Die Bewährungsstrafen samt der Auflagen sollten ein "ausreichender Schuss vor den Bug" sein, wie es der Richter formulierte.

Nur einen sehr kleinen Anteil ihrer Erträge hatten die Drogenhändler ihren Verpächtern zugedacht. Der Marktwert der 1761 Pflanzen lag im April bei rund 315 000 Euro. Und das wäre schon die dritte Ernte in der Plantage gewesen, die seit Sommer 2008 lief.

Die Kent-School kam durch das Aufsehen um die Polizeiaktion im April noch einmal kurzfristig in die Schlagzeilen. Ihrem Besitzer aus Nettetal gehört das Gelände seit 2006. Seit 2007 versucht er, es zu verkaufen. Einnahmen erzielt er nur durch gelegentliche Foto-Shootings oder Parties in morbider Atmosphäre.

In Internet-Foren beschweren sich Grusel-Interessenten darüber, dass er auch ihnen für die Besichtigung der Kent-School Preise zwischen 100 und 200 Euro abnehmen wolle. Denn angeblich soll es dort spuken - wegen der traurigen Geschichte der Gebäude. Seit 1991 steht der Gebäudekomplex an der A52 leer. Im Volksmund trägt er noch seinen letzten Namen: "Kent School".

Das ist jedoch nur der kleinste Teil der Geschichte. Von 1963 bis 91 nutzten die Briten den Komplex tatsächlich als Schule. Gebaut worden ist er allerdings 1911 als "Josefsheim" für lernschwache Jungen von Franziskanermönchen.

Das dunkelste Kapitel beginnt 1937. Da annektierten die Nationalsozialisten die Gebäude und errichteten die "Kinderfachabteilung" der Rheinprovinz. Dort wurden viele Kinder nicht gepflegt, sondern umgebracht.

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