Schwalmtal: Milch und Hoffnung zapfen

Familie Küsters aus Schwalmtal verkauft frisch vom Hof , rund um die Uhr und zum realen Preis.

Schwalmtal. Der "Milch-Jieper" ist eine Wortschöpfung der Werbung. Gemeint ist die große Lust auf frische Milch - und wirbt dann für behandelte Milch. Was aber tun, wenn einen wirklich der Milch-Jieper befällt, der Kühlschrank leer ist und alle Geschäfte geschlossen sind?

In der Schwalmtaler Sektion Krinsend ist das neuerdings kein Problem mehr. Denn auf dem Hof von Familie Küsters steht seit vergangener Woche ein Milchautomat. Rund um die Uhr kann man hier Milch zapfen. Einfach eine Flasche oder Kanne unter die Öffnung stellen, 65 Cent einwerfen - und schon sprudelt die rahmige weiße Flüssigkeit hinein.

Natürlich geht es gar nicht in erster Linie darum, den Milchbegeisterten ihren Genuss auch nach Mitternacht zu gönnen, sondern darum, frische Milch direkt vom Bauernhof anzubieten. Manfred und Birgit Küsters hoffen, damit in eine Marktlücke gestoßen zu sein.

Denn für die Milchproduzenten wird die finanzielle Lage immer schwieriger. Auch die Familie Küsters kämpft den Kampf gegen die stetig sinkenden Preise mit.

Vor zwei Jahren gab es einmal eine kurze Hochphase, damals lag der Preis, den die Bauern für einen Liter Milch bekamen, bei 40 Cent. Seitdem sinkt er stark und stetig. Aktuell zahlen die Molkereien mal 20 Cent pro Liter. Die 60 Kühe auf dem Hof in Krinsend wollen aber trotzdem gefüttert und gemolken werden, auch wenn für die Familie des Landwirts dabei nichts mehr abfällt. Protest ist das eine - auch Küsters ist im Bund deutscher Milchbauern organisiert. Aber auch neue Ideen seien gefragt.

"Ich will, dass es irgendwie weitergeht", sagt er. Deshalb haben er und seine Frau Birgit auch keinen Moment gezögert, einen Milchautomaten anzuschaffen. "Wir waren in der Eifel", erzählt der Landwirt. Dort kamen sie an einem Hinweisschild für einen solchen Milchautomaten vorbei. "Ich habe eine Vollbremsung gemacht, bin hingefahren, und da stand er dann." Ein paar Informationen bei der Firma - dann hat Küsters bestellt.

"Dazu brauche ich keine Landwirtschaftskammer und keine zweite Meinung. Für uns ist es einfach eine Hoffnung." Für die Idee gibt’s Bestätigung von allen Seiten. "Viele haben uns schon vorher angesprochen, ob sie die Milch nicht frisch von uns bekommen könnten", sagt Birgit Küsters. "Aber dann hatten sie Angst, uns bei der Arbeit zu stören."

Jetzt stört niemand. Der Automat ist kinderleicht zu bedienen, nur passendes Kleingeld sollte man haben. Und wer keine eigene Flasche mitbringt, der kann zum Selbstkostenpreis eine kaufen - auf Treu und Glauben, das Geld dafür kommt einfach in den Briefkasten.

Im Augenblick verteilt die Familie in ganz Schwalmtal Prospekte, um auf den neuen Automaten aufmerksam zu machen. "Wenn es sein müsste, könnten wir sogar noch einen größeren Parkplatz bauen", sagt Birgit Küsters augenzwinkernd.

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