Schießerei am Rathausmarkt: Wie viele Schüsse sind gefallen?

Rund um die Schießerei am Rathausmarkt gibt es widersprüchliche Aussagen.

Viersen/Mönchengladbach. Im Prozess um die Schießerei auf dem Rathausmarkt am 4. Juli 2011, bei der der 51-jährige Wuppertaler Seyho H. den Döner-Imbiss-Besitzer Ökkes B. am Rathausmarkt mit Schüssen verletzt haben soll, sollten am Dienstag Zeugen für Aufklärung sorgen. Eine Überraschung gab es am Nachmittag: Eine ehemalige Mitarbeiterin aus dem Döner-Imbiss belastete das Opfer. Zum einen habe er sich auch nach der Tat — zu einem Zeitpunkt, an dem er angeblich schon lange nicht mehr spielsüchtig gewesen sei — bei ihr noch 80 Euro geliehen, um damit in die Spielhalle zu laufen.

Und das ohne Krücken, von denen er im Gericht erklärt hatte, dass er ohne auch nach sechs Monaten nicht laufen könne. Außerdem habe sie ihn öfter ohne die Gehhilfen in Viersen gesehen. Wenn das stimmt, dann hätte das Opfer vor Gericht eine Falschaussage gemacht. Außerdem hatte sein Anwalt bereits eine Schmerzensgeldforderung angekündigt. Die Frage, wie schwer die Folgen der Tat für den Viersener tatsächlich sind, muss auch deshalb geklärt werden, weil die Antwort Auswirkungen auf das Strafmaß hat.

Ebenfalls nicht erfolgreich verlief die Klärung der Frage, wie viele Schüsse es am 4. Juli gegeben hat. Zwei Schüsse hat Seyho H. eingeräumt. Die Zeugen erinnerten sich an unterschiedliche Zahlen zwischen zwei und „vier bis fünf“. Für Nebenklage-Anwalt Gerhard König war vor allem interessant, ob der Täter auch von hinten auf seinen Mandanten geschossen habe, als dieser bereits auf der Flucht gewesen sei. Das bestätigten einige der Zeugen, andere wiederum erinnerten sich überhaupt nicht an dieses Detail.

Auch bei der Beschreibung der Gangart gehen die Aussagen auseinander. Eine 26-jährige Hausfrau sprach von „Sprüngen wie in einem Cowboy-Film“, mit denen das Opfer versucht habe, den Schüssen auf die Füße zu entgehen. Andere bemerkten später, dass das Opfer humpelte, für andere war es normal geflüchtet.

Eine besondere Rolle spielte am Dienstag ein Zeuge, der sich selbst dazu berufen hatte, Detektivarbeit zu leisten: Er beobachtete den Schluss der Verfolgungsjagd und rekonstruierte dann, wo eine Patronenhülse liegen müsse. Als er sie tatsächlich einen Meter vor dem Eingang des Geschäfts fand, hob er sie auf.

„Ich habe doch nicht darüber nachgedacht, dass ich das nicht tun sollte“, entschuldigte er sich vor Gericht. „Für mich war das wie sechs Richtige im Lotto.“ Er sei überzeugt gewesen, dass die Patronenhülse, wenn er sie nicht „sichergestellt“ hätte, verschwunden wäre. Er schilderte dem Gericht auch das Verhalten der Kontrahenten, als die Polizei bereits im Anmarsch war: „Das Opfer hat die ganze Zeit noch gestanden, erst als die Polizisten kamen, ist der Mann zusammengebrochen“, berichtete er.

Und über den Angeklagten, auf den er noch einen Blick erhaschte, als dieser abgeführt wurde: „Der hat erleichtert gewirkt, sogar gelächelt.“ Die anderen Zeugen erzählten in der Hauptsache von ihrer eigenen Angst. „Da war es richtig voll, da liefen viele Menschen herum, vor allem Kinder“, sagte eine 49-Jährige. „Der hätte jeden treffen können.“

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