Musik: Mit dem Zorn der 80er Jahre

Die Band Rohoel hat wieder zusammengefunden. Am Mittwoch gibt es ein Konzert.

Viersen. Die späten 70er und frühen 80er Jahre: Atomkraft, Aids, aber auch die erste Zeit eines Helmut Kohl als Kanzler — „Gründe, um zornig zu werden brauchten junge Musiker in dieser Zeit nicht lange zu suchen“, sagt Will Becher rückblickend auf die Anfangszeit von Rohoel. Dass er Kreatives schaffen wollte, wusste der gelernte Sozialpädagoge und Sänger von Rohoel schon früh. Während seiner Studienzeit in Köln kam er mit dem Living Theatre in Berührung — eine Leidenschaft war geweckt, erste Texte entstanden.

Gemeinsam mit anderen Musikern schaffte er, wovon viele andere in dieser Zeit träumten: Eine Band zu haben, die gute Musik macht, die Botschaften überbringt, die aber ebenso Partystimmung verbreitet. Texte mit Tiefgang, eine Musik, die gleichermaßen für Kopf und Beine geschrieben war, „und für alles, was dazwischen liegt, auch“, sagt Becher lächelnd. Ein Mix aus straightem Rock, New Wave, Punk und Reggae war es, was das Publikum begeisterte. Sie waren Rebellen, beeinflusst durch Bands wie Ton, Steine, Scherben, Iggy Pop oder The Velvet Underground.

Aber sie waren auch Menschen mit unbändiger Lebensfreude, die Spaß haben wollten und ihn bekamen. Spätestens beim dritten oder vierten Lied stand niemand im Publikum mehr still. Der Funke sprang über, der tolle Abend für alle war garantiert.

Nach 1988 gingen die Männer getrennte Wege. „Kacki“ Heuhsen gründete eine Spedition, Becher den damals ersten mobilen Pflegedienst in Krefeld, er wurde Ensemblemitglied beim Theater „Alte Post“ in Neuss. Holger Seeling gründete die Musikzeitung „Westzeit“ und spielte unter anderem bei Sun, Markus Türk wurde Profi-Trompeter. Sie spielten bei Sun, Marla Glen oder mit Ali Haurand und Charlie Mariano, gründeten neue Bands.

Es war der 50. Geburtstag eines Musikerfreundes, der sie vor gut einem Jahr wieder zusammenführte — und dabei kam die Erkenntnis, dass es ihren Freund Heuhsen schon viel zu früh aus ihrer Mitte gerissen hatte.

Auch Becher steht gesundheitlich alles andere als gut da. Bei seiner Arbeit infizierte er sich mit Hepatitis C, musste sein Lebenswerk, den Pflegedienst, aufgeben, bekam eine erfolglose Chemotherapie und wartet nun auf eine Spenderleber. „Wenn Dich so etwas trifft, dann denkst Du über Dein Leben nach, über das, was vielleicht bleibt, wenn Du nicht mehr bist“, sagt er. „Ich will aber der Welt und vor allem meinen Kindern, etwas hinterlassen, etwas Kreatives, etwas Bleibendes.“

Und so gewann er Türk und Seeling dafür, wieder gemeinsam zu proben. Mit Georg Sehrbrock aus Mönchengladbach gewannen sie einen Keyboarder, der unter anderem für „Belgium“ in die Tasten greift, und mit Andre Hasselmann einen deutschlandweit gefragten Profi-Schlagzeuger.

Mittwoch ist es soweit. Dann werden sie in Conny’s Come In in Viersen-Boisheim auf der Bühne stehen. Sie werden vielleicht auf die Fans von damals treffen, vielleicht auch schon auf deren Kinder. Denn als sie selbst bei den Proben die alten Bänder hörten, merkten sie, dass die Lieder mit dem Charme der 80er Jahre auch heute noch frisch und aufregend klingen und den Nerv dieser Zeit treffen.

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