Kämpfen für Gerechtigkeit

Frauentag: Großer Andrang im Remigiussaal. Die Mutterrolle in der Diskussion.

Viersen. Sonntagmorgen, 10 Uhr, der Regen prasselt - ein Wetter zum Daheimbleiben. Dennoch ist der Saal der Pfarre St. Remigius voll, voller, als die Organisatorinnen des Viersener Frauenforums erwartet haben. Für 60 Personen ist anlässlich des Internationalen Frauentages der Frühstückstisch gedeckt, gekommen sind rund 100. Man zählt nicht mehr, sondern stellt Stühle dazu. Unter der Regie von Bettina Gläser-Kurth, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Viersen, finden auch die unangemeldeten Teilnehmerinnen Platz.

Versammelt sind unter anderem Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde, des katholischen Forums, von amnesty international, des Kinderschutzbundes und aktive Politikerinnen. Zur Begrüßung wirft Gläser-Kurth einen Blick auf die Historie des 8. März, der 1921 zum Internationalen Frauentag erklärt wurde. Dieser Kampftag wurde 1933 verboten und durch den Muttertag ersetzt. In den 70er Jahren wurde er wiederbelebt, seit 18 Jahren wird er in Viersen begangen.

"Wir Frauen dürfen Fußball spielen, wir segeln auf der Gorch Fock, unser Bundeskanzler ist eine Frau", so Gläser-Kurth, "aber trotzdem bestehen immer noch eklatante Unterschiede in der Bezahlung von Mann und Frau." Auch im Gespräch mit der WZ sagt sie, dass eine Bankkauffrau 700 Euro weniger verdiene als ein Bankkaufmann. "Wir sind immer noch nicht gleichberechtigt. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist immer noch Utopie. Und so lange das so ist, wird es den Internationalen Frauentag geben."

Diesen Tenor schlägt auch Marianne Krüll an, die mit ihrem Vortrag viele Gemüter an empfindlichen Stellen trifft. Ihre Eingangsfrage: "Wer möchte wie die eigene Mutter sein?" erntet nur vier Meldungen. Jede Frau ist Tochter, viele der Anwesenden sind auch Mütter, die auf Erfahrungsaustausch in der Runde hoffen. Stimmen, die da sagen, sie fühlten sich in Kindertagen als Sklavin der eigenen Mutter, werden ergänzt durch: "Ich bin Sklavin meiner Tochter."

Der Redebedarf ist groß, trotzdem sind die Zuhörerinnen fast andächtig still, als Krüll zu erzählen beginnt, wie ihr Buch entstanden ist. Sie hat Berichte von Frauen gesammelt, die ihre Seminare besucht haben. Erfahrungsberichte von Frauen, die Probleme mit der Mutter hatten. Erzählt haben diese Frauen die Geschichte ihrer Mütter in der Ich-Form und wurden so zur "Mutter in mir". Allein diese Sichtweise hat vielen geholfen, die Mutter zu akzeptieren. Denn, so Krüll: "Sie ist die beste Mutter, die sie sein konnte!"

Eine perfekte Mutter gebe es nicht, genauso wenig wie eine perfekte Tochter. Gründe hinterfragen, warum die Mutter ist, wie sie ist, zuhören und das halb volle Glas der Mutter annehmen, seien wichtige Erkenntnisse.

Und dann kommt sie von den Einzelschicksalen auf die Frauen der Welt zu sprechen, die sich zusammentun müssten: "Frauensolidarität hat als Basis die Verbundenheit mit der eigenen Mutter." Die Frauen sollten aufhören mit der Frauenschelte, die Töchter mit der Mütterschelte.

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