Erschossene Mutter: Ehedrama erneut vor Gericht

Der Fall der erschossenen Mutter geht weiter. Um die Tochter wird parallel vor dem Familiengericht gestritten.

Viersen/Mönchengladbach. Ob sich jemals klären lässt, was genau am Abend des 4. März 2008 im zweiten Stock eines Hauses an der Viersener Gartenstraße passiert ist, ist mehr als fraglich. Denn der angeklagte 51-Jährige aus Viersen erinnert sich aufgrund seines übermäßigen Alkoholgenusses nur lückenhaft an diesen Tag. Eine Blutuntersuchung kurz nach der Tat soll einen Wert von zwei Promille ergeben haben.

Es war der fünfte Hochzeitstag des Paares, seit zwei Wochen wechselten sie nur die allernötigsten Worte, wie er im Gladbacher Gerichtssaal erklärte. Grund für den anhaltenden Streit sei gewesen, dass sie immer nur in ihre mazedonische Heimat in den Urlaub fahren wollte.

Am Nachmittag war die Frau zum Einkaufen gegangen, nach Zeugenaussagen aber schon kurz nach 16 Uhr zurückgekehrt.

Die folgenden zwei Stunden blieben auch am ersten Prozesstag nach der Wiederaufnahme im Dunkeln. Im Dezember hatte man bereits verhandelt, aber wegen neuer Beweismittel war der Prozess geplatzt.

Es geht um eine Skype-Verbindung zum Chatten und Telefonieren via Internet, die etwa eine Viertelstunde vor dem Tod der Frau geöffnet wurde. Neue Erkenntnisse über den Ablauf brachte die aber nicht.

So bleibt es bei der Schilderung des Mannes, seine Frau habe plötzlich mit der Waffe in der Diele gestanden. Die Waffe hatte der Angeklagte vor Jahren illegal erworben, sie wurde durchgeladen im Vorratsschrank aufbewahrt. Er habe seiner Frau gesagt, dass er nicht mit ihr am Hochzeitstag essen gehen, sondern sich scheiden lassen wolle.

Auf den Hinweis, sie könne dann nach Mazedonien zurück, und die gemeinsame Tochter bleibe bei ihm, habe sie gekreischt: "Ich töte dich, wenn du mir meine Tochter nimmst." Er habe zwei Schüsse gehört, einen Schlag vor die Brust wahrgenommen und Todesangst verspürt, sagt der Angeklagte, scheinbar ruhig im Gerichtssaal sitzt.

Seine ständig flatternden Augen aber verraten seine Nervosität. Er, der sich vorher nicht getraut habe, seiner Frau bei den zwischenmenschlichen Tätlichkeiten, die nahezu an der Tagesordnung waren, irgendetwas abzunehmen, habe in seiner Angst alle Kraft zusammen genommen und ihr in einem Handgemenge die Waffe entwunden.

"Aber alles war dunkel und neblig, ich habe sie nicht gesehen, ich habe keinen Menschen gesehen, auf den ich geschossen haben könnte."

Ob er nicht daran gedacht habe, dass er seine kleine Tochter treffen könnte, die schreiend daneben stand, hielt ihm Staatsanwältin Carola Guddat vor. "Nein, es ging alles zu schnell, ich habe gar nichts gedacht", sagte der Angeklagte.

Nach der Tat habe das knapp dreijährige Mädchen zu ihm gesagt: "Papa, du hast gerade Mama erschossen." Sie sei es auch gewesen, die den von dem Angeschossenen herbeigerufenen Polizisten die Tür geöffnet habe, erzählt Verteidiger Gerhard König.

Um die Tochter läuft parallel zum Strafverfahren ein Streit vor dem Familiengericht. Die Nebenkläger - Mutter und Bruder der Toten - wollen das Kind zu sich nach Mazedonien holen. Ihr Anwalt wertet es als Erfolg, dass der Vater zumindest das Sorgerecht nicht mehr hat, das Kind in einer Pflegefamilie lebt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Verfahren nach Viersen zurückverwiesen.

Der Prozess um den Totschlag geht morgen weiter. Auf Totschlag in einem minderschweren Fall, wie ihn die Staatsanwaltschaft hier sieht, stehen maximal zehn Jahre.

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