Der frühe Käufer macht das Schnäppchen

Kassetten sind weiterhin gefragt, Barbies werden weniger — ein Gang über eine Institution.

Viersen. Auch diesmal werden die ersten Schnäppchen vor 6 Uhr gemacht: Ein junges Mädchen verkauft jedes T-Shirt für 50 Cent, andere Kleidungsstücke für einen Euro. Ein Mann kommt später vorbei und fragt nach Markenkleidung, die bei jungen Leute angesagt ist: Hollister, Bench, Abercrombie & Fitch. „Ja, hatte ich“, sagt die junge Verkäuferin. „Aber das ist alles weg.“

Sie hat auch die Kleidung, die woanders ab zehn Euro aufwärts verkauft wird, für einen Euro weggegeben. „Meine Mutter hat gesagt, es ist ihr egal — Hauptsache weg“, sagt das Mädchen und lächelt. Die verhinderten Käufer rundum bedauern, nicht eher vor Ort gewesen zu sein.

Es ist der 40. Kinder- und Jugendflohmarkt in der Viersener Innenstadt. Viele, die an diesem Sonntag ihren Kindern beim Verkauf von Spielsachen und Kleidung helfen, haben schon vor über 25 Jahren selbst als Kinder hier verkauft. Aber das Bild hat sich in den vergangenen sieben, acht Jahren stark gewandelt. Während früher die Väter schon vor Ort übernachteten und die ersten Besucherscharen sich mit Taschenlampen nachts einen Weg bahnen mussten, so hat der Andrang nachgelassen.

Für einige dürfte das gewisse Vorteile haben: So leistet etwa das Ordnungsamt an so einem Tag ohnehin Schwerstarbeit. Denn immer wieder gilt es, Leute zu verweisen, die keine Kinder und kein kindgerechtes Angebot dabeihaben (siehe Info-Kasten). Dann kann es für die Anwohner eine gehörige Belastung sein, wenn sie wegen lautstarker Verkaufsgespräche aus tiefem Schlaf gerissen werden.

Früh unterwegs ist auch ein älteres Paar aus Ahaus im Münsterland. „Wir haben davon im Internet gelesen“, erzählt der Mann, während seine Frau gerade eine ganze Wochenendhaus-Szenerie von Playmobil kauft. „Uns erschien 11 Uhr als Startzeit unrealistisch, also waren wir um 7 Uhr hier.“ Auf die Schnäppchen freuen darf sich das Patenkind der beiden.

Was auffällt: Die berühmten Barbies gibt es weniger als noch vor zehn Jahren. Aber die längst aus dem Handel verschwundenen Hörspiel-Cassetten mitsamt den passenden Abspielgeräten wechseln immer noch munter den Besitzer.

Mittags kommt die Sonne, die eigentlich schon für morgens angekündigt war. Zuvor waren warme Pullis und dicke Socken der Renner. „Ich musste erstmal für meine Tochter was kaufen, die hier an unserem Stand steht“, erzählt Schwalmtalerin. „Sie war viel zu dünn angezogen.“

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