Ansturm beim Gedenktag

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann findet in Kempen viele Zuhörer.

Kreis Viersen. Einen solchen Ansturm gab’s noch nie beim Holocaust-Gedenktag. Die Veranstaltung am Dienstagabend, zu der Kreis Viersen, VHS, Katholisches Bildungsforum und Stadt Kempen eingeladen hatten, musste vom Rokokosaal in die benachbarte Paterskirche verlegt werden. Gastredner war Professor Moshe Zimmermann (Foto) von der Hebräischen Universität Jerusalem.

Der Historiker ist anerkannter Forscher zur Geschichte des deutschen Judentums und des Antisemitismus. Bewusst konzentriert er sich in seinem neuen Buch "Deutsche gegen Deutsche" auf die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung der in Deutschland lebenden Juden.

"Zunächst war das Ziel der Nationalsozialisten, die deutschen Juden zu vertreiben", berichtete Zimmermann. Ihre Lebensbereiche seien immer mehr eingeschränkt worden. "Doch die deutschen Juden hingen an ihrer Heimat." 1941 wurde dann die so genannte "Endlösung" beschlossen und mit bürokratischer Genauigkeit durchgeführt.

"Wie wäre es, wenn wir Auschwitz nicht gehabt hätten? Wo wären wir mit der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus?", fragte Zimmermann. "Ein normaler Mensch kommt doch zu dem Schluss, dass es so etwas nicht geben darf." Ganz offensichtlich hätten viele im Land von der Vertreibung und Verfolgung der Juden gewusst und diese akzeptiert.

Die Fragen in der Diskussionsrunde zeigten das heutige Unverständnis, warum es nicht mehr Widerstand gab. Warum nicht mehr europäische Länder den Juden geholfen haben. Eine Stellungnahme zum aktuellen Krieg zwischen Israelis und Palästinensern wollte Zimmermann nicht abgeben: Dieses Thema sei für seinen Vortrag "irrelevant".

Geschichte endet nie. Das hob Fachbereichsleiter Thomas Goßen am Dienstagabend bei der Gedenkveranstaltung auf dem jüdischen Friedhof in Vorst hervor. Zwar gebe es im Ort kein fröhliches Laubhüttenfest, keinen Betraum an der Süchtelner Straße mehr. Darum müsse betont werden, dass "Vorst, unsere Gemeinschaft, durch den Wahn der Nationalsozialisten ärmer geworden ist." bu/Red

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