Geschäftsführer der Kreis-CDU Jacky Kampe Viele Strippen gezogen

38 Jahre lang war Jacky Kampe Geschäftsführer der Kreis-CDU. Mit der WZ blickt er zurück.

Geschäftsführer der Kreis-CDU Jacky Kampe: Viele Strippen gezogen
Foto: Friedhelm Reimann

Kreis Viersen. Als er das Ruder übernahm, war Helmut Schmidt Bundeskanzler, führte Helmut Kohl die CDU, wurde der Hamburger SV Deutscher Fußballmeister und im Fernsehen sorgte die Mini-Serie „Holocaust“ für Aufsehen: 1979 wurde Hans Josef „Jacky“ Kampe Geschäftsführer der CDU im Kreis Viersen. Seither liefen bei ihm alle Fäden zusammen, gab’s eigentlich kaum eine Verschlusssache, über die er nicht Bescheid gewusst hätte. Vor Kurzem hat er das Amt abgegeben. Anlass, mit ein bisschen Abstand zurück, aber auch nach vorne zu schauen.

Geschäftsführer der Kreis-CDU Jacky Kampe: Viele Strippen gezogen
Foto: Friedhelm Reimann

„Wir saßen noch in Kempen, weil das Kreishaus in Viersen noch nicht fertig war“, erinnert sich der heute 68-Jährige an die Anfangszeit. Er weiß auch noch ganz genau, welche Baustellen er als erste zu bearbeiten hatte: In Niederkrüchten herrschte Streit, in Viersen gab’s Krach um die Mülldeponie und — es gibt anscheinend Dinge, die ändern sich nie — in Tönisvorst brodelte es. Kann er Einzelheiten schildern? „Nein, das geht nicht“ — es gibt Dinge, die er nie erzählen würde.

Geschäftsführer der Kreis-CDU Jacky Kampe: Viele Strippen gezogen
Foto: Friedhelm Reimann

Dass er sich an die handelnden Personen auf der Kreisebene erinnert — klar. „Peter Van Vlodrop war Chef, Schatzmeister war Werner Emmers und Rudolph Müller war amtierender Oberkreisdirektor“, sagt Kampe. Klar, dass ihn die damaligen Parteigrößen und auch die folgenden maßgeblich geprägt haben. Die Antwort, welcher Einfluss besonders groß war, kommt schnell: „Hans-Christian Vollert“. Der frühere Oberkreisdirektor sei bis heute ein Meister im vermitteln. Aber auch Julius Louven fällt ihm ein: „Er konnte Sitzungen leiten, notfalls ohne Rücksicht auf Verluste“, erzählt Jacky Kampe. Und: „Er hat nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten.“ Was dem Kempener bekanntlich nicht nur Freunde eintrug. Louven gehört zu den fünf Kreisvorsitzenden, die Kampe in seiner Laufbahn erlebt hat. Neben Louven waren das der angesprochene Peter Van Vlodrop, Christian Weisbrich, Fritz Meies und aktuell Marcus Optendrenk.

Seine Meinung bei Konflikten offen zu propagieren, war nicht Kampes Sache. Und auch nicht sein Job. Für alle da sein — so verstand er seinen Posten. „Man bewegt sich zwischen Karheit und Diplomatie“, erzählt er. „Man muss Kritik anbringen, ohne die Leute vor den Kopf zu stoßen.“ Dabei seien Fähigkeiten gefragt, die er als „Doppel- oder Dreifachagent“ bezeichnet. Wenn Kampe über diese Dinge spricht, versteht jeder, warum das Wort „Schlitzohr“ für ihn erfunden sein könnte. Und warum er es immer wieder schaffte, dass sich nach einem Streit niemand als Verlierer fühlen musste. Das behaupten jedenfalls viele Weggefährten.

Aber auch die Vokabel vom „Strippenzieher“ ist ihm nicht fremd und auch nicht negativ besetzt. Womit wir bei einer überregionalen Persönlichkeit wären, die ihn beeindruckt hat: Karl Schumacher, früherer Organisationschef der Union. „In Sachen Strippenziehen konnte der eine viermanualige Kirchenorgel bedienen.“

Bis heute bekommt Kampe zum Geburtstag Glückwünsche von Ronald Pofalla. Und auch den heutige Europaabgeordnete Herbert Reul trifft Kampe einmal im Jahr — beim Kölner Karneval. Dieses Innenverhältnis beschreibt er — Achtung Diplomatie —mit dem Satz: „Wir haben uns kritisch konstruktiv begleitet.“

Immer wieder hatte er in seiner Laufbahn mit Streitschlichtung und Konfliktlösungen zu tun. Wobei er durchaus sehr unterschiedliche Erfahrungen machte, was die einzelnen Kommunen im Kreis anging. „In Brüggen, zum Beispiel, war es immer wunderbar. Oder auch die Ortsverbände Kempen und Nettetal hatten innerparteiliche Probleme gut im Griff.“ Auch wenn er’s nicht ausspricht: Jacky Kampe ist wieder beim Thema Tönisvorst angekommen. Immer und immer wieder musste er — mit wechselnden Vorsitzenden — bei Parteiversammlungen als Feuerwehrmann auftreten. Das ging bis in die jüngste Vergangenheit. Aber nun sei Hoffnung angesagt.

Eines sei für ihn immer klar gewesen: die Kleiderordnung. Sprich: Es gibt einen Vorsitzenden, der die Richtung vorgibt. „Als Geschäftsführer bist du 1. Offizier und Steuermann, musst also den Kurs halten.“ Ein Problem habe es für ihn immer dann gegeben, wenn — bei aller Verschwiegenheit — der Kreisvorsitzende nicht informiert, also übergangen werden sollte. „Dann wurde es für mich schwierig.“ Hier ist sie wieder: die Sache mit der Loyalität.

Wichtig sei für seine Arbeit aber auch immer gewesen: „Die Ortsverbände haben die Mitglieder, die Menschen. Das ist das Wesen unserer Partei. Alle Organisationsstufen darüber ist Etappe.“ Und als sei es nicht genug, diesen Satz auszusprechen, wird der alte Geschäftsführer energisch, fast schulmeisterlich energisch.

Bei aller Veränderung, die sich abspielte: Die Konstruktion, die die CDU mit ihrer Geschäfts- und Anlaufstelle in Viersen gewählt hatte, blieb. Sie habe sich absolut bewährt.

Es mag Zeiten gegeben haben, in denen die Arbeit des Kreisgeschäftsführers nicht vergnügungssteuerpflichtig war. Eines war sie gewiss nie: langweilig. „Nicht einen einzigen Tag.“ Und zum Thema Veränderung: „Früher schrieben wir Briefe, heute E-Mails oder SMS. Er selbst habe sich den Luxus erlaubt, diese Dinge sparsamer einzusetzen. „Mein Nachfolger kann das viel besser.“ Und ein wenig staunend steht er auch vor einem anderen Teil der Technik: „Die heutige Mitgliederverwaltung ist ein Kunstwerk.“

Und jetzt, was kommt? Erst kürzlich hatte die CDU alle Mitglieder eingeladen, die nach 1949 im Kreistag waren. „Das wollten fast alle wiederholen“, freut sich Kampe. Eines möchte er auf keinen Fall sein: „Der Geist, der quasi immer noch in der Geschäftsstelle herumschwebt“. Das braucht er nicht: Während des Gesprächs mit der WZ rufen gleich mehrfach hochrangige Kreis-Politiker an. Gegen Ende des Interviews geht die Hausklingel: CDU-Geschäftsführer Stefan Seidel, Kampes Nachfolger, steht im Türrahmen des Hauses in Dornbusch. Nur so, auf einen Kaffee.

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