Sozialbestattung statt Reihengrab

Weil ein Rentner in einem Krefelder Krankenhaus starb, ging sein letzter Wunsch nicht in Erfüllung.

St. Tönis. Der Schock saß tief: Als Günter Friedl aus St. Tönis vor etwa sieben Wochen gewohnheitsmäßig nach seinem Mieter Erich S. sah, fand er den Mann am Boden liegend vor — wahrscheinlich wegen eines schweren Schlaganfalls.

Friedl rief den Notarzt, der 83-Jährige wurde schließlich in die Krefelder Helios-Kliniken gebracht. Jede Hilfe kam jedoch zu spät, Erich S. starb am nächsten Tag. Das ist auch die letzte Information, die Günter Friedl bekam.

„Der Mann hat 30 Jahre bei uns gewohnt. Wir haben uns gerade in den letzten Jahren immer ein wenig um ihn gekümmert. Jetzt wüsste ich zumindest mal gerne, ob und gegebenenfalls wo er beerdigt ist“, klagt der St. Töniser Tankstellenbetreiber. Bei den Behörden — zuständig ist die Krefelder Stadtverwaltung — lief er gegen eine Mauer. Er solle sich an die Erben wenden, wurde ihm gesagt. Wenn niemand da sei, solle er sich ans zuständige Amtsgericht wenden.

Genau das ist das Problem: Es gibt keine Verwandten von Erich S. Mithin auch niemand, der sich kümmern könnte. Und beim Gericht muss er zunächst einen Antrag stellen.

Was für Friedl auch bedeutet: Er kann derzeit das kleine Haus (50 Quadratmeter), in dem der Witwer gelebt hat, nicht aufräumen. Er kann nicht mal Strom, Gas und Wasser abnehmen. Dafür braucht er einen Totenschein. Den bekommt er aber nicht, „Ich weiß ja nicht mal, ob nicht sogar die Rente weiter auf sein Konto geht“, sagt Friedl.

Die Frage, wo sich der Leichnam des Verstorbenen befindet, kann das Ordnungsamt in der Seidenstadt beantworten. „Der Mann ist in Krefeld beerdigt“, sagt der zuständige Herr Derendorf, der seinen Vornamen nicht nennen möchte, aber Godehard heißt.

Man habe versucht, Hinterbliebene zu ermitteln. „Wenn das in einer gewissen Zeit nicht gelingt, wird die betreffende Person hier bestattet“, sagt Derendorf. Der Gesetzgeber sehe dafür eine Frist von acht Tagen vor. Deswegen wurde ein Sozialbegräbnis durchgeführt.

Was wäre geschehen, wenn der Mann in Krefeld gelebt hätte? Möglicherweise hätte man dann dort einmal nachgesehen, sagt der Ordnungsamt-Fachmann. Im Fall von Erich S. wäre das sehr sinnvoll gewesen. Dann wäre man auf eine Sterbeversicherung gestoßen, die wahrscheinlich hoch genug ist, um die Begräbniskosten abzudecken.

„Davon hat er mir öfter berichtet“, erklärt Vermieter Günter Friedl. Dann wäre auch ein dringender Wunsch des Rentners zum Tragen gekommen: in der Nähe seiner Frau beerdigt zu werden, die vor zehn Jahren starb und auf dem St. Töniser Friedhof beigesetzt ist.

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