Tönisvorst/Willich „Post macht strenge Vorgaben“

Paketfahrer beklagt den Zeitdruck, den er und seine Kollegen beim Zustellen von Paketen haben.

Tönisvorst/Willich: „Post macht strenge Vorgaben“
Foto: Stefan Sauer

St.Tönis/Anrath. Am 2. Januar soll die Postfiliale an der Ringstraße 6 in St. Tönis eröffnen. Bürger und Verwaltung blicken dem Termin mit begrenzter Begeisterung entgegen. Es werden Verkehrsprobleme befürchtet. Der Tönisvorster Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten sagte, er werde das Parken und Halten des Lieferverkehrs vor dem Post-Shop nicht tolerieren. Das sorge für massive Behinderungen im Verkehr und sei deshalb auch für die Paketlaster verboten.

Nun meldet sich ein Mann zu Wort, der in den vergangenen sieben Jahren Pakete für die Deutsche Post transportiert hat. Roland Gorczok ist 63 Jahre alt und geht im Januar in den Ruhestand. Der Anrather kann offen über Arbeit und Geschäftspraxis der Post sprechen. In St. Tönis bleibe den Paketfahrern nichts anderes übrig, als gleich vor der Tür zu halten, sagt Gorczok. Die Post mache den Fahrern, die meist bei Subunternehmern angestellt seien, strenge Vorgaben.

„Die Fahrer, die in den Filialen Pakete abholen, haben in der Regel acht Minuten Zeit, um zu laden — egal, ob ein Paket oder hundert dort liegen“, sagt Gorczok: „Ich bedauere die armen Leute, die im neuen Jahr in St. Tönis Pakete holen. Aus Zeitgründen können die nur direkt vor dem Ladenlokal halten.“ Wenn ein Fahrer noch regelmäßig viel Zeit zur Parkplatzsuche benötige, sei er irgendwann raus. Gorczok hat auch eine Erklärung, warum die Zeitvorgaben für fast alle Filialen gleich sind. „Die Tourpläne für die Fahrer kommen von den Planern in Duisburg. Die sitzen am PC und wissen nicht, wie die Gegebenheiten vor Ort sind.“

Können die Fahrer vor einem Paketshop halten? Müssen sie die Fracht über eine Treppe schleppen? Solche Fragen hätten keinen Einfluss auf die Planung. Um die Zeit in den Filialen einzuhalten, müssten die Fahrer teilweise auf rabiatere Methoden zurückgreifen. Besonders in der Vorweihnachtszeit, da traditionell viele Päckchen unterwegs seien. „Manchmal kann nicht mehr anständig gestapelt und sortiert werden. Dann werden die Pakete in den Wagen geworfen“, sagt Gorczok.

Problematisch ist nach seiner Meinung nicht nur die Abholung der Pakete. Nach ungefähr fünf Filialen müssen die Fahrer in der Regel zum Frachtzentrum nach Krefeld. Dort entleeren sie ihren vollen Wagen. Häufig seien die Mitarbeiter gezwungen, ihren Feierabend nach hinten zu verschieben. „Im Frachtzentrum müssen die Fahrer die Pakete auf vier Bänder laden. Die sollten eigentlich vollautomatisch funktionieren. Meistens klappt das nicht.“

Zudem sei das Zentrum am Abend überfüllt, da alle Fahrer ihre Pakete loswerden wollen. Der Lohn rechtfertige Druck und Aufwand nicht. „Wenn Sie bei einem Subunternehmer sind, können Sie froh sein, wenn Sie auf den Mindestlohn kommen“, sagt Gorczok. Als er 2009 zur Post ging, habe er diese Zustände nicht geahnt. Trotzdem habe er den Job durchgezogen. „Vor lauter Not!“ Zuvor habe er relativ erfolgreich als Groß- und Außenhandelskaufmann gearbeitet. „Ich hätte nie erwartet, dass ich in so etwas reinrutsche.“

Nachdem er in seinem ursprünglichen Beruf keine Stelle mehr fand, sei er froh gewesen, zumindest nicht arbeitslos zu sein. So gehe es vielen Fahrern.

Deswegen mache auch niemand den Mund auf, um die Arbeitsbedingungen zu kritisieren. „Die Leute brauchen die Jobs.“ Und die Deutsche Post versuche weiter, Kosten zu drücken.

Die WZ hat bei der Post nachgehakt, wie es um die Arbeitsbedingungen der Fahrer steht. „Keine Stellungnahme. Wir sprechen in der Öffentlichkeit nicht über Zeitvorgaben und Geld“, sagt Achim Gahr aus der Pressestelle des Unternehmens.

Natürlich gebe es zeitliche Maßstäbe. Sonst könnten ja keine Verträge gemacht werden.

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