Zur letzten Ruhe in die Maas

Bei Bestattungen im Fluss wird die Urne von einem Schiff aus versenkt. Erlaubt ist das in den Niederlanden.

Niederrhein. Ganz ruhig schwimmen weiße Rosen im Kreis, drehen sich um die kleinen Luftbläschen, die von der sinkenden Urne aufsteigen. Als der kleine Strudel allmählich verebbt, das Wasser still wird, löst sich der Blumenkreis auf. Das Schiff dreht eine letzte Runde, dann nimmt es wieder Kurs auf den Hafen von Roermond.

An der Reling stehen Erich S. und seine Familie. Hinterher sagt er leise: „Das war sehr bewegend, diese würdevolle Bestattung rührte uns alle an.“ Wie ihm geht es immer mehr Menschen, die eine Flussbestattung den herkömmlichen Bestattungsformen vorziehen. „Mindestens einmal in der Woche liegt bei uns eine Flussbestattung an“, sagt Arne Zocher von Flussbestattungen.de. Er und seine Partner haben auch am Niederrhein erfahren, „dass als Alternative zur Seebestattung die weniger aufwändige Flussbestattung auf der Maas immer beliebter“ werde — wie bei der Familie S.

Eigentlich hatte sich das verstorbene Familienmitglied eine Seebestattung gewünscht. Aber um die Jahreswende spielte das Wetter nicht mit — dicke Eisschollen vor Cuxhaven. Bestatter Zocher schlug stattdessen die Flussbestattung in Holland vor; in Deutschland ist diese Form der Urnenbestattung nicht erlaubt. „Das schien uns sinnvoll, und die ganze Familie mit Sohn und Enkeln war sehr angetan vom würdevollen letzten Abschied“, erzählt Erich S.

Laut Arne Zocher nennen Christen wie Nichtchristen für Flussbestattungen „auch symbolische Gründe, etwa ewiger Kreislauf des Wassers“. Weniger gefragt scheinen Flussbestattungen im ländlichen Raum: „Kommt kaum vor“, heißt es etwa im Bestattungshaus Camps in Grefrath; gelegentlich werde auf Wunsch eine Urnenbestattung in einem Schweizer Gebirgsbach durchgeführt.

Auch beim Nettetaler Bestatter Robert Hellmann sind Flussbestattungen selten: „Die Betroffenen haben dann meist einen Bezug zum Wasser.“ Wie bei einer Familie aus der Region: Der Verstorbene war Binnenschiffer, hatte alle Flüsse Mitteleuropas befahren — da lag eine Flussbestattung nahe.

In solch einem Fall arbeitet Hellmann mit einem Reeder aus Arcen zusammen. Der Bestatter ist stets mit dabei: „Wir gehen immer als Letzte vom Grab weg oder eben von Bord.“ Anders als bei einigen Billig-Bestattern mit Sonderangeboten gehöre die individuelle Begleitung der Angehörigen bis zum Schluss zu einem würdevollen Abschied, das sagen Robert Hellmann und Arne Zocher übereinstimmend.

Eine Flussbestattung kannten Erich S. und seine Frau vor dem Trauerfall in ihrer Familie noch gar nicht; für sich selbst hatten sie eine Seebestattung im Vorsorgeplan. „Aber die Urnenbeisetzung in der Maas hat uns so angerührt“, sagt Erich S., „dass meine Frau und ich nun für uns selbst auch eine Flussbestattung wünschen.“

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