Zugvögel: Besucher mit Federn und Schnabel

Wildgänse beziehen ihre Winterquartiere, Kraniche legen Zwischenstopp ein.

Niederrhein. Am Niederrhein sind die Wildgänse los. Auf der Flucht vor dem sibirischen Winter quartieren sich die arktischen Vögel derzeit nach einem bis zu 8000 Kilometer langen Flug am Rhein ein.

Bis zum Jahresende werden um die 200 000 Bläss- und Saatgänse aus Sibirien erwartet. „Es scheinen eher viele zu werden, es sind viele junge Gänse dabei“, berichtete Daniel Doer, Referent in der Kranenburger Naturschutzstation des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), über den ersten Ansturm.

Die Fachleute organisieren von Mitte November bis in den Februar hinein sonntags Busfahrten zu den weit gereisten Wintergästen. Der Niederrhein ist eines der wichtigsten Überwinterungsgebiete für arktische Wildgänse in Deutschland.

Doer sagte, bis Ende des Jahres würden bis zu 180 000 Blässgänse erwartet. Die Vögel übernachten auf den Kies-Seen. Grünfutter finden sie auf den Wiesen und Weiden am Niederrhein. Im März macht sich der wegen seines Federkleids auch „Tigergans“ genannte Vogel wieder auf in die Tundra. Bis dahin ist sein hoher, jodelnder Ruf häufiger am Niederrhein zu hören.

Die Vogelexperten der Naturschutzstation erwarten auch bis zu 30 000 Saatgänse: Die Tiere finden Futter auf Äckern und kommen deshalb weiter vom Rhein entfernt auch in Geldern oder Viersen vor.

Kraniche dagegen zieht es in noch wärmere Gefilde. Der Nabu weist darauf hin, dass die großen Vögel jetzt auf dem Weg in den Süden beobachtet werden können. In V-förmigen Trupps ziehen sie über den Himmel.

Diese Art von Luftverkehr könnte derzeit besonders lebhaft werden, denn noch hielten sich mehr als 100 000 Kraniche an den wichtigsten Rastplätzen in Deutschland auf. In ganz Europa sind zurzeit rund 200 000 Kraniche auf dem Weg in ihre Winterquartiere. Auf ihrer Reise nach Spanien und Portugal „queren“ sie auch NRW, wie Bernd Jellinghaus vom Landesfachausschuss Ornithologie und Vogelschutz im Nabu NRW erklärt.

Dabei verschiebe sich das Gewicht Stück für Stück nach Westen. So gingen die Rastzahlen an der Boddenküste rund um Groß Mohrdorf in nur wenigen Tagen von 47 900 auf 31 000 Kraniche zurück, im Rhinluch und im Havelland rasten aktuell 46 700 Kraniche; und in der Diepholzer Moorniederung in Niedersachsen hat sich die Zahl der Kraniche innerhalb einer Woche von 4000 auf 45 500 erhöht. Am größten französischen Rastplatz, dem Lac du Der-Chantecoq in der Champagne, sind dagegen bereits 34 900 Kraniche eingetroffen.

„Bei günstiger Witterung brechen die Kranichschwärme von ihren nördlichen Sammelplätzen in den frühen Morgenstunden auf und ziehen beiderseits am Harz vorbei. Der Hauptzug überfliegt dabei Osnabrück, Hannover und Göttingen, erreicht dann das Weserbergland, um beim Weiterflug mit 80 Stundenkilometer das östliche Ruhrgebiet zu streifen und entlang des Rheins nach Bonn zu gelangen“, so Jellinghaus weiter. Eine etwas westlichere Zugroute ermögliche Beobachtungen am Niederrhein und in der Eifel. Von hier aus gehe es weiter über Nordfrankreich bis nach Spanien und Portugal.

„Bei konstanten Flugbedingungen können die Tiere ohne Halt bis nach Südeuropa fliegen. Sie legen aber oft eine Pause ein und manches Mal hält sie schlechtes Wetter und Nebel tagelang am Boden“, so der Nabu-Vogelexperte. Auf der westeuropäischen Zugroute überwinterten heute rund 70 000 Kraniche in Spanien, 30 000 in Frankreich sowie jeweils wenige tausend Vögel in Portugal und Nordwestafrika. Hauptüberwinterungsregion sei zurzeit mit etwa 50 000 Kranichen die Extremadura in Westspanien. Red

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