Unfallflucht: Folie führt auf die richtige Fährte

Mit Spurfix ermittelt die Polizei nach Blechschäden. Aus „Opfern“ werden dann auch schon einmal Täter.

Niederrhein. Kürzlich im Kreis Kleve: Eine junge Frau meldete der Polizei eine Unfallflucht, wie sie täglich viele Male im deutschen Straßenverkehr vorkommt. Ihr Wagen sei auf dem Parkplatz eines Baumarkts angefahren worden, vom Übeltäter keine Spur.

Eine solche fand dann allerdings die Polizei. Doch diese Spur führte nicht zu einem dreisten Unbekannten, sondern direkt zur Anzeigenstellerin. Aus Ermittlungen wegen einer angeblichen Unfallflucht wurde so ein Strafverfahren wegen des Vortäuschens einer Straftat.

Ganz offensichtlich hatte die Frau die Überprüfungsmöglichkeiten der Polizei unterschätzt. So kommt bei einer Unfallflucht mit Blechschaden unter anderem die „Spurfix-Folie“ zum Einsatz. Was aussieht wie eine Mischung aus Paketband und Tesafilm, hilft bei der Polizeiarbeit.

„Die Folie ist auf einer Seite mit einem starken Kleber versehen“, erklärt Heinz-Josef Reinhart, stellvertretender Leiter des Verkehrskommissariats in Viersen. Sie werde über die beschädigte Stelle im Lack gezogen und dann wieder entfernt. Partikel bleiben an ihr haften, was deren genauere Untersuchungen möglich macht.

Fremde Lackspuren, auf diese Weise sichergestellt, können Aufschlüsse über den Verursacher des Unfalls geben, so der Viersener Experte. Zum Beispiel können Farbe und Art der Lackierung des beteiligten Fahrzeugs ermittelt werden. Doch manchmal erhärten die gefundenen Spuren auch den Verdacht, dass kein anderer Pkw im Spiel war, sondern beispielsweise eine Mauer.

Wie im Fall der jungen Frau im Kreis Kleve. Spezialisten der Polizei entdeckten unter dem Mikroskop — „Spurfix“ sei Dank — kleinste Betonstückchen, gefunden am Wagen des angeblichen Unfallflucht-Opfers.

Und damit nicht genug: Der klebrige Freund und Helfer lieferte noch weitere Erkenntnisse, die die Beamten schließlich in ein Parkhaus führten. Bei Spuren an einem Betonpfeiler kam die Folie erneut zum Einsatz.

Zum Schluss meldete die Polizei, dass „zweifelsfrei“ feststehe, dass die Frau beim Verlassen des Parkhauses zu früh nach rechts gelenkt und dabei den Pfeiler angefahren habe. Danach habe sie die Unfallflucht vorgetäuscht. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Neben versicherungstechnischen Motiven gehe es, wie aus Polizeikreisen zu hören ist, nicht selten einfach darum, dem Lebenspartner einen selbstverschuldeten Schaden am Auto zu verheimlichen.

Wenn es sich um eine echte Unfallflucht handelt, ist die Polizei oft auf Zeugen oder Vergleichsspuren angewiesen. Denn schließlich sind am Niederrhein zehntausende Autos unterwegs. Polizist Reinhart erzählt ein Beispiel aus Dülken: Gefunden wurde ein Blinkerglas mit Nummer. Damit war zwar schnell klar, dass nach einem bestimmten Opel eines bestimmten Baujahrs gesucht werden muss — doch von diesem gibt es allein in dem Viersener Ortsteil rund 300 Stück.

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