Motorradclub macht sich für Sicherheit stark: „Wir sind ja nicht auf dem Laufsteg“

Ein Motorradclub macht sich für Sicherheit stark. Dazu gehören Warnwesten und regelmäßige Trainingsprogramme.

Niederkrüchten/Rheinberg. Sie fallen auf, wenn sie gemeinsam unterwegs sind: die Schwalm-Biker aus Niederkrüchten. Insgesamt rund 70 Köpfe mit den dazugehörigen Motorrädern zählt die Interessengemeinschaft, meist sind etwa 20 bis 30 gemeinsam unterwegs.

Doch die Schwalm-Biker sind anders: Sie fahren nicht schneller als erlaubt, sie halten die Sicherheitsabstände ein — und sind damit manchmal ein Hindernis für ungeduldige Autofahrer. „Die überholen dann, drängeln sich zwischen uns und regen sich über uns auf“, erzählt Jürgen Richterich von der Interessengemeinschaft.

Tatsächlich scheinen Verständnis-Probleme zwischen Autofahrern und Bikern Ursache für viele Unfälle zu sein. Das bestätigt auch Dieter Bach von der Kreisverkehrswacht Viersen. „Viele Unfälle passieren, weil Autofahrer sich nicht in die Motorradfahrer hineindenken“, kritisiert er. So verzichteten viele beim Wenden auf der Landstraße auf den Blinker, ebenso bei der Ausfahrt aus einem Kreisverkehr.

„Als Motorradfahrer musst du die Straße doppelt lesen“, sagt Axel Fischer von den Schwalm-Bikern. Damit meint er nicht nur den Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern. Wenn dort ein Stein liege und ein Autofahrer fahre darüber, dann sei im schlimmsten Fall der Unterboden beschädigt, meist passiere aber gar nichts. „Als Motorradfahrer kannst du tot sein, wenn du drüber fährst“, stellt er nüchtern fest.

Um besser gesehen zu werden, tragen die meisten Schwalm-Biker knallgelbe Warnwesten über ihren Motorrad-Kombis, auf denen natürlich der Aufnäher „Schwalm-Biker Niederkrüchten“ nicht fehlen darf. Dafür ernten sie in der Motorrad-Szene manchen dummen Kommentar. Doch da steht Richterich drüber: „Wir sind ja auf dem Motorrad und nicht auf dem Laufsteg.“ Wenn das helfe, um gesehen zu werden und vielleicht einen Unfall zu vermeiden, dann sei das sinnvoll. Punkt.

Der 56-Jährige hat erst vor fünf Jahren seinen Motorradführerschein gemacht — und sich damit einen Traum erfüllt. Aber was er macht, das will er auch richtig machen. Deshalb wurde er Mitglied der Kreisverkehrswacht, suchte nach der Gründung der IG Schwalm-Biker den Kontakt zu den Verkehrssicherheitsexperten — und begann, gemeinsame Projekte zu planen.

So kam auch ein Verkehrssicherheitstraining jetzt zum Saisonbeginn in Rheinberg zustande. In drei Gruppen waren 18 Schwalm-Biker bei denkbar schlechtem Wetter unterwegs, um ihre Maschinen besser kennen und beherrschen zu lernen. Auch hier steht der Spaß im Vordergrund. Niemand muss etwas tun, wovor er sich fürchtet.

Aber die Instruktoren sind erfahrene Motorradhasen. Sie kitzeln die Neugier bei den Teilnehmern heraus, lassen sie knien, stehen und sogar freihändig fahren. Aber auch Gefahrbremsungen werden geübt. Denn was nützt es, wenn ein Motorradfahrer vor einem Hindernis zwar bremsen kann, dabei aber wegrutscht und sich schwer verletzt, obwohl er die Kollision vermeiden konnte?

Hier erfahren die Schwalm-Biker auch, wie groß die Unterschiede zwischen ihren Maschinen sind. Wer mit modernem Anti-Blockier-System unterwegs ist, muss ganz anders bremsen als jemand mit einer älteren Maschine.

Mit von der Partie ist immer auch Andrea Richterich. Sie war ein Jahr lang Sozia bei ihrem Mann, dann hat sie selbst den Führerschein gemacht. „Ich bin sicher: Was Männer können, können Frauen auch“, sagt sie selbstbewusst. Die Frauenquote bei den Schwalm-Bikern spricht dafür — etwa ein Drittel der Mitglieder der Interessengemeinschaft ist weiblich.

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