Karnevalszüge am Niederrhein: Manche Narren ziehen nachts

Am Niederrhein gibt es etwas andere Umzüge: In Erkelenz-Hetzerath zieht man bei Dunkelheit, in Niederkrüchten-Overhetfeld haben die Kinder die Macht.

Niederrhein. Kamelle, Schunkeln und kostümierte Jecken — das gehört dazu bei einem Karnevalsumzug. Doch am Niederrhein gibt es auch etwas andere Züge. Die WZ stellt einige Beispiele vor:

Das Bistum Münster machte es den Narren in früheren Zeiten nicht leicht. Mitte des 19. Jahrhunderts wollte die Kirche mit dem 40-stündigen Gebet gegen die Auswüchse der Karnevalstage angehen.

Weil man an den tollen Tagen in der Kirche beten musste, verlegte man diese einfach nach vorne. Daher wurde am Sonntag schon mächtig gefeiert. „Berger Jecke trecke“ hieß es zum Beispiel in Kempen-Tönisberg. Dort zieht traditionell der Kinderkarnevalsumzug mit rund 600 Teilnehmern von Kindergärten und Grundschule durch den Ort.

Ebenfalls eine Woche vorher ziehen in Straelen die Narren auf. 90 Gruppen zogen am Sonntag durch die Straßen, darunter 23 Musikkapellen. Ein Highlight sind Jahr für Jahr die niederländischen Jux-Kapellen, die auch vor und nach dem Zug für gute Laune in der Stadt sorgen.

Scheinwerfer, Laser und andere Lichteffekte erhellen den Himmel über Erkelenz-Hetzerath beim sechsten Nachtzug am Freitag nach Altweiber. Dann ziehen 35 Wagen und neun Fußgruppen mit rund 1400 Narren ab 19.11 Uhr durch den Ort.

Im vergangenen Jahr waren geschätzte 10 000 Zuschauer dabei. Die Gruppen kommen mittlerweile von weither, zum Beispiel aus Viersen und Grefrath. Es glitzert und blinkt, flackert und strahlt. Die Gruppen hängen sich mit leuchtender Deko für ihre Wagen richtig ins Zeug. Teils sorgen riesige Generatoren für den nötigen Strom.

In den vergangenen Jahren entwickelte sich der Umzug zur rollenden Disko. Das soll sich in diesem Jahr wieder ändern. „Wir haben uns mit den Gruppen zusammengesetzt und gesagt, dass ausschließlich Karnevalslieder oder ähnliches gespielt wird“, verspricht Ulrich Braun, Geschäftsführer des Veranstalters, der Gemeinschaft der Vereine in Hetzerath — und das auch in einer akzeptablen Lautstärke.

In Issum-Sevelen werden alle Wagen von Hand gezogen. Früher durfte es sogar nur eine Karre mit einem Rad sein. Heute ist man da flexibler. Rund 20 Gruppen ziehen am 20. Februar um 13.11 Uhr los.

Am Marktplatz wartet das traditionelle Schubkarrenrennen auf die Teilnehmer, bei dem verschiedene Hindernisse überwunden werden müssen. Neben dem geschicktesten Fahrer werden auch das originellste Kostüm und die schönsten Karren auf einem Rad prämiert.

Die Kinder stehen bei vielen Karnevalszügen im Mittelpunkt. Wie beim Kinderkarnevalszug in Grefrath-Vinkrath, wo der Narrentreck unter Führung des Kinderprinzenpaares Katharina I. (Horntasch) und Jan II. (Hasselmann) am Rosenmontag ab 11.11 Uhr zieht.

„Zug verkehrt“ heißt es schon seit 28 Jahren im Nettetaler Stadtteil Hinsbeck. Dort ziehen die Kinder der Schulen und Kindergärten traditionell am Freitag nach Altweiber beim Schollzoch durchs Dorf und werfen keine Kamelle, sondern werden von den Zuschauern mit Süßigkeiten beworfen. Rund 450 Kinder ziehen begleitet von Musikkapellen durchs Dorf — zwar ohne Wagen, aber mit originellen Themen und frechen Sprüchen.

In Niederkrüchten-Overhetfeld sind beim Overhetfelder Karnevalsverein (OKV) die Kinder an der Macht. Ende der 90er Jahre zog auf Initiative von Overhetfelder Kindern der erste Zug durchs Dorf — mit einem Bollerwagen.

Geworfen wurden Möhren und Kartoffeln. In den Jahren darauf kamen mehr Kinder und auch die ersten richtigen Kamelle dazu. In diesem Jahr regieren Zoe I. und Erik I. (Ahlen). Der Zug startet am Rosenmontag um 11.11 Uhr und zieht über die Dilborner Straße.

Manchmal stehen Lebensmittel im Mittelpunkt, wenn Narren feiern. In Krefeld-Hüls zum Beispiel heißt es auch am Veilchendienstag „Breetlook“. Der Legende nach haben die Marktfrauen im 17. Jahrhundert einen Angriff auf Hüls abgewehrt, indem sie den Porree, also Breetlook, auf dem Marktplatz auslegten und die Pferde der Angreifer darauf ausrutschten. Alle zwei Jahre wird beim Zug am Veilchendienstag mit „Breetlook“ gefeiert. Ab 14.11 Uhr zieht der Zug.

In Xanten steht der Karneval im Zeichen der Blutwurst: Am Tulpensonntag startet der „Blutwurstsonntagszug“ um 14 Uhr. In diesem Jahr feiert das Blutwurstkomitee sein 40-jähriges Bestehen.

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