„Karneval sorgt für Umsatz“

Bier-Konsum: Dass die „fünfte Jahreszeit“ wie ein guter Sommer sein kann, sagt Jürgen Witt, Chef des für den Niederrhein zuständigen Brauereiverbands.

Niederrhein. Jürgen Witt (60) ist Geschäftsführer des Brauereiverbandes NRW mit Sitz in Düsseldorf. Der Verband vertritt die Brauwirtschaft im so genannten Dreistromland, wo nicht nur Rhein, Ruhr und Weser fließen, sondern auch Pils, Alt und Kölsch.

Herr Witt, die heiße Phase des Karnevals steht vor der Tür, was bedeutet das für Sie als Vertreter der Brauereiwirtschaft?

Jürgen Witt: Das ist natürlich immer eine besondere Zeit, vor allem in den Jecken-Hochburgen. Es gibt einen „Peak“ in dieser Zeit, also ein Mehr an Absatz. Karneval sorgt für Umsatz, die fünfte Jahreszeit kann wie ein guter Sommer sein.

Was sagen Sie zu einem Glasverbot im Straßenkarneval, wie es etwa in Krefeld diskutiert worden ist?

Witt: Grundsätzlich ist es so, dass wir keine Verletzten wollen und auch kein Koma-Trinken tolerieren können. Bier, Alkohol überhaupt, sollte verantwortungsvoll und maßvoll genossen werden — auch in Zeiten des Karnevals.

Springen wir ein paar Monate weiter und kommen zu dem von Ihnen bereits erwähnten Sommer: Spielt das Wetter für den Bierkonsum tatsächlich eine so große Rolle?

Witt: Ja, durchaus. Wenn wir einen schönen Bier-Sommer haben, der nicht zu heiß sein darf, so macht dies Bierlaune. Und wenn dann noch Highlights wie die Fußball-WM dazukommen, ist es richtig toll. So könnte auch die diesjährige Frauen-WM, die unter anderem in Mönchengladbach ausgetragen wird, durchaus zu einem Mehrabsatz führen. Nebenbei: Wir freuen uns auch über Frauen als Konsumenten. Es ist zu beobachten, dass auch immer mehr Frauen gerne ein leckeres Bier trinken, allerdings nicht aus großen Humpen. So haben wir nicht nur eine Biervielfalt in NRW, sondern auch eine Gläservielfalt.

Neue Konsumentengruppen sind wohl auch nötig — der Absatz ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken.

Witt: Die derzeit prognostizierte demografische Entwicklung spricht leider nicht dafür, dass wir von einem wachsenden Biermarkt ausgehen können: Immer mehr ältere Menschen trinken immer weniger Bier. Und die jüngeren probieren gerne immer etwas Neues aus. Aber — und das ist das Positive — junge Menschen entdecken auch wieder das klassische Bier für sich.

Die Kneipe an der Ecke ist also noch lange nicht tot?

Witt: Ich glaube, dass viele Menschen froh wären, wenn sie eine Kneipe in ihrer Nähe hätten. Einen Ort, wo man nach der Arbeit hingehen kann und bei einem Glas Bier in Kontakt mit anderen Menschen tritt — und das eben nicht per Mail oder Chat. Das ist Kultur und gehört zum Leben dazu.

Würden Sie trotz Pils- und Kölschkonsums am Niederrhein sagen, dass die Region nach wie vor Altbierland ist?

Witt: Als Gastronom am Niederrhein muss man auf jeden Fall nach wie vor Alt im Portfolio haben. Mit seinem Bier kann und muss sich der Konsument auch identifizieren. Wichtig ist für mich auch immer ein frisches Bier aus der Region. So entwickeln wir derzeit zusammen mit dem Tourismusverband Nordrhein-Westfalen und dem Gaststättenverband Dehoga auch eine landesweite Bier-Route, die den Niederrhein mit einschließt. Ich selbst bin übrigens auf der Alt-Kölsch-Grenze in Monheim aufgewachsen, trinke beide Sorten Bier gerne und ab und zu auch ein frisches Glas Pils.

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