Geschichten auf Platt

Lüttelforster haben Dialekt-CDs veröffentlicht — mit Zusammenfassung auf Hochdeutsch.

Schwalmtal. Jan Reiners hat ein Herz für das Platt, das in Lüttelforst gesprochen wird. Er sagt: „Dass es faktisch ausstirbt, können wir nicht zurückdrehen, aber wir sollten Dokumente besitzen.“ Zusammen mit anderen setzt er sich in besonderer Form für den Erhalt des Dialekts ein.

Zum Hintergrund: Lüttelforst, das zu Schwalmtal gehörende „Waldhufendorf“ mit 700 Einwohnern, hat eine gewisse touristische Bedeutung: An den Wochenenden kommen die Menschen aus der Umgebung, um hier im großen Waldgebiet, der Schomm, spazieren zu gehen. Sie flanieren auch durch den Ort, bewundern die vielen alten und liebevoll restaurierten Häuser, kommen mit den Bewohnern ins Gespräch.

Es gibt viele „Ur-Lüttelforster“, deren Familien seit Jahrhunderten hier leben. Aber es gibt auch die Zugezogenen, die vielleicht auch einmal als Erholungssuchende kamen und dann hier ihre neue Heimat fanden. Wer hier wohnt, entscheidet sich meist bewusst für dieses Leben. Für die Nähe der Natur, die Gemeinschaft und die Kultur des Ortes. Er verzichtet dabei auf Dinge, die nicht nur in Städten, sondern schon in größeren Orten selbstverständlich sind — unter anderem schnelleres Internet.

Gemeinsam mit dem Förderverein für den Ort haben einige Lüttelforster 2010 die Stiftung „Landschaft, Kultur und Leben, Lüttelforst“ ins Leben gerufen. Zehn Stifter und der Förderverein halten jeweils eine Einlage von 10 000 Euro. Das Stiftungskapital wird nicht angetastet.

Die Projekte, die die Stiftung anstößt und begleitet, werden durch zusätzliche Spenden finanziert. Einen greif- und vor allem hörbaren Erfolg hat die Stiftung schon zu verzeichnen: eine besondere CD-Box.

Der Stiftungsvorsitzende Jan Reiners ist in Lüttelforst aufgewachsen, aber seine Spielkameraden waren hauptsächlich Flüchtlingskinder, die das Platt zunächst nicht beherrschten. „Außerdem haben viele Leute wohl gedacht, mit jemandem aus der „Filla“ müssten sie hochdeutsch sprechen“, erinnert er sich lächelnd. „Filla“ sagen die Lüttelforster — und meinen die „Villa“ am Ortseingang.

Mit der 81-jährigen Käthe Büttgenbach-Kremer, einer pensionierten Lehrerin, hatte er schnell die richtige Partnerin für das besondere Projekt gefunden.

Sie war bereit, in ihrer Muttersprache von ihren Erinnerungen zu erzählen. Von Schlittentouren nach Waldniel, von ihren Hunden, vom Leben im Dorf. Drei CDs sind entstanden. Auf zweien erzählt die alte Dame, auf der dritten fasst Charlotte Kaufmann auf Hochdeutsch zusammen, worum es geht.

„Löttervoorsch“, sagt Käthe Büttgenbach-Kremer, und man muss schon genau hinhören, um die Nuancen zwischen dem „Ü“ im Hochdeutschen und dem „Ö“ im Platt wahrzunehmen. Die CD-Box ist jetzt sogar Teil eines großen Projekts zur Dokumentation des Platts am Niederrhein, das der Landschaftsverband Rheinland aufgelegt hat.

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